Euphorie des Sommers ist verschwunden. Der Indikator für das Konsumklima unter den Verbrauchern, den die GfK monatlich ermittelt, sank auf 4,3 Zähler von 4,8 Punkten im Vormonat. Dennoch werde der private Konsum dieses Jahr noch einen bescheidenen Beitrag zum Wachstum leisten. Trotz einer deutlich verbesserten Lage am Arbeitsmarkt ließ die Kauflaune für größere Anschaffungen deutlich nach. Auch die Konjunkturaussichten werden skeptischer beurteilt. Die Deutschen sehen den Aufschwung zwar noch intakt, jedoch mit nachlassender Kraft. „Die während des Sommers 2007 gezeigte Euphorie der Bundesbürger hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland weicht einer eher nüchternen Betrachtungsweise“, resümierte die GfK.
Inflation frisst höheren Lohn. „Die durchschnittlichen Tariflohnsteigerungen liegen in diesem Jahr bei 2,4 Prozent“, sagte DGB-Chefökonom Dierk Hirschel der „Berliner Zeitung“. „Das bedeutet, dass die Reallohnsteigerungen nur minimal ausfallen werden.“ (ZDFheute.de)
Der letzte Frühindikator, der uns serviert wurde, war der ZEW-Index (am 13. November). Die befragten Finanzmarktexperten waren nicht in guter Stimmung gewesen, der Index weiter gefallen. Nun also das Ifo. Und hier sieht das Bild ganz anders aus. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich trotz der Rekord-Ölpreise und des hohen Euro-Kurses erstmals seit einem halben Jahr wieder gebessert. Völlig unerwartet stieg der Geschäftsklimaindex des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung im November leicht an, von 103,9 Punkten im Vormonat auf 104,2 Punkte. Eigentlich war ein weiterer Rückgang vorhergesagt worden. Der ifo-Index gilt immerhin als wichtigster Frühindikator der deutschen Wirtschaft und wird aus der monatlichen Befragung von rund 7.000 Unternehmen ermittelt. Die Börse konnte mit den Zahlen gestern nicht so viel anfangen. Die Kurse purzelten, die Korrektur setzt sich fort. Sogar die 7.500-Marke ist gefallen. Die Bären haben im Augenblick noch die Oberhand.
Die Realwirtschaft läuft weiterhin rund. Noch sind die Auftragsbücher der Unternehmen prall gefüllt. So wie es aussieht, macht auch der hohe Ölpreis zumindest der deutschen Konjunktur nicht zu schaffen. Gut, dass die deutsche Wirtschaft sich immer unabhängiger vom Öl gemacht hat. Der Öl-Einsatz in der Wirtschaft ist innerhalb der vergangenen 30 Jahre auf mittlerweile nur noch 40% des ursprünglichen Niveaus. Dahingegen läuft das Geschäft mit den Ölförderländern weiter. Aus den Petrodollars werden neue Investitionsgüter finanziert.
Warum wird das so genannte Beige Book heute Abend interessant werden? In der Fülle der Konjunkturdaten, die in dieser Woche auf uns niederprasseln, bekommen wir einen Überblick und vielleicht eine Einschätzung über die künftige Entwicklung der US-Wirtschaft. Im Beige Book berichten die zwölf regionalen Zentralbanken der USA über die Wirtschaftsaktivitäten in ihrer Region. Das in der Regel 50 Seiten starke Werk setzt sich zusammen aus den einzelnen Berichten über die Regionen und einer Zusammenfassung, die ein Bild von der konjunkturellen Lage der Volkswirtschaft geben soll. Es erscheint 8 Mal pro Jahr, und zwar jeweils 2 Wochen vor der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Zentralbank.
Letzte Woche bereits wurde das Protokoll der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses veröffentlicht. Die Notenbankgouverneure äußerten bereits Sorge über die Situation auf den Kreditmärkten und deren Auswirkung auf die allgemeine Wirtschaftslage. Gleichzeitig haben Sie ihre Vorhersagen zum künftigen Wachstum zurückgenommen. 2008 werden demnach nur noch 1,8 – 2,5% Wachstum in den USA prognostiziert. 2009 und 2010 sollen die Wachstumsraten aber wieder auf 2,3-2,7% bzw. 2,5-2,6% steigen. Die Inflationsraten werden um die 2%-Marke schwanken.
Bisher hat die Notenbank also nur kleine Korrekturen vorgenommen. Ich meine, das zeigt aber, dass auch die Notenbank im Augenblick ziemlich unsicher über den künftigen Verlauf der Konjunktur ist. Bei der letzten Sitzung, so können wir es im Protokoll lesen, gab es sogar eine Gegenstimme zur Zinssenkung. Der Gouverneur für Kansas, war der Ansicht, dass die Inflationsgefahr ernster zu nehmen ist als die allgemeinen Risiken und wollte die Zinsen nicht senken.
Es muss abgewartet werden, ob sich die Zentralbanker den Pessimisten anschließen, zum Beispiel der Investmentbank Goldman Sachs. Goldman Sachs sieht die Chance einer Rezession bei 40% und geht davon aus, dass die Zinsen noch einmal um 1 Prozentpunkt fallen werden und bei etwa 3% in 6 Monaten stehen. Die Arbeitslosenrate wird demnach von derzeit 4,7 auf 5,5% steigen und das allgemeine Wachstum unter den Erwartungen bleiben. (Investor’s Daybreak – Newsletter vom 28.11.2007)
Die Zahlen haben es aber in sich: Im Jahr 2008 stehen für ein Volumen von 362 Milliarden US-Dollar niedrig besicherter Kredite Zinserhöhungen an. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der Bank of America. Noch im laufenden vierten Quartal 2007 stehen demnach zweitklassige „Subprime“-Kredite im Wert von 85 Milliarden Dollar zur Zinserhöhung an, noch einmal so viele in den ersten drei Monaten 2008. Die Spitze soll dann im zweiten Quartal 2008 mit rund 100 Milliarden US-Dollar erreicht sein.
Die Folgen: Allein in diesem Jahr werden in den USA circa 1,35 Millionen Häuser zwangsvollstreckt, geschätzte weitere 1,44 Millionen in 2008. Dies ist rund die Hälfte mehr als der Schnitt der Vorjahre. Das Problem ist das US-Kreditsystem an sich und die nun nach unten laufende Spirale. Die Fälle von Zwangsvollstreckungen und Zahlungsausfällen werden also nochmals deutlich zunehmen. Dies liegt daran, dass bei vielen Hypothekenkrediten die eingangs genannten, automatischen Zinserhöhungen anstehen.
Auf die Besonderheiten des US-Kreditvergabesystems muss erneut hingewiesen werden: US-Hypothekenkredite haben in der Regel nicht – wie in Deutschland üblich – einen festen Zinssatz über fünf, zehn oder mehr Jahre. In den USA werden Kreditnehmer durch einen hohen Wettbewerb von Kreditvermittlern, Banken, Immobilienmakler usw. mit (zunächst) niedrigen Zinsen „angelockt“. Die später automatisch steigenden Zinsen wurden oftmals so verkauft, dass ja auch das zu erwerbende Haus mit der Zeit im Wert steige. Die monatlich höhere Last, die meist nach 2-3 Jahren auf die Haushaltskasse des Kreditnehmers drückt, wurde meist durch den zu erwartenden Preisanstieg des Hauses ausgeblendet. Doch jetzt sind die höheren Monatsrate für viele nicht mehr leistbar. Denn: Die sinkenden Immobilienpreise haben die lange gültige Aufwärtsspirale in eine Abwärtsspirale verwandelt! Viele können ihr Haus nur mehr mit hohem Verlust verkaufen und bleiben dann auf den Restschulden sitzen. Dass bei einer um 50 % höheren Zwangsvollstreckungsrate auch der Konsum dieser dann auf Schulden sitzenden (Ex-)Hausbesitzer zurückgehen wird, dürfte klar sein.
Und dass dies dann ohne Auswirkungen auf die US-Wirtschaft bleiben wird, glauben inzwischen die wenigsten. Die Frage lautet: Kommt es „nur“ zu einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums oder droht gar eine heftige Rezession? Nach Beginn der Kreditkrise im August wurde eine etwaige Rezession nicht mehr ausgeschlossen. Je nachdem, wie stark diese ausfällt, dürfte auch der Rest der Welt nicht ungeschoren davon kommen. Lediglich die Tatsache, dass in vielen Emerging Markets wie in den meisten Teilen Südamerikas und vor allem in Asien eine robuste Konjunktur herrscht, die vor allem auch mehr und mehr von innen (Konsum) getragen wird, verhindert wohl, dass die Welt dieses Mal von den amerikanischen Problemen komplett mitgerissen wird. Die Chance, dass das Welt-Wirtschaftswachstum trotz einer möglichen US-Rezession nur geringfügig abgeschwächt wird, ist also vorhanden.
Für die Rohstoffmärkte gilt daher: Spekulationen auf Basismetalle sollten so lange zurückgestellt werden, bis sich die Lage etwas klarer darstellt. Bis zum ersten Quartal könnten hier Spekulanten, die auf eine deutliche Abschwächung der US-Wirtschaft setzen, die Preise weiter drücken. Für die Edelmetallen dürfte vor allem die zukünftige Währungspolitik der FED ausschlaggebend sein. Da wir Gold als Währung ansehen, ist entscheidend, ob es gelingt, das global schwindende Vertrauen in den Greenback zurück zu gewinnen. Dies ist zu bezweifeln. Denn: Die genannten Probleme am Hypothekenmarkt fördern bereits jetzt die Rufe nach Hilfe aus der Politik (Zinssätze von Darlehen für Hausbesitzer sollen künstlich unten gehalten werden; Banken sollen niedrige Zinsen erhalten, um den Markt für derzeit nicht handelbare, verbriefte Anleihen, die auf Hypothekenkredite aufgebaut sind, wieder zum Laufen zu bringen). Damit würde man die Auswirkungen der Kreditkrise jedoch mit den gleichen Mitteln bekämpfen, welche die Ursache für das Dilemma gewesen sind. Damit würde eine noch größere Blase aufgebaut werden, das Vertrauen in den US-Dollar weiter schwinden und die Probleme nicht gelöst, sondern aufgeschoben werden. So hart es klingt, aber langfristig gibt es nur einen Weg.
Kreditkrise wird US-Wahlkampthema. Der Crash am US-Kreditmarkt und Immobilienmarkt muss bereinigend sein. Das US-Kredit-System muss komplett reformiert werden. Es kann nicht sein, dass man sich ohne Sicherheiten und ohne Geld ein Haus kaufen kann und dann der Rest der Welt dafür die Zeche bezahlt. Nur bei einer Kreditvergabe, die sich an die europäischen Standards orientiert (z.B. Besicherung der Immobilie nur bis 60-80 %, je nach Eigenkapital und Einkommen) kann man einen Neubeginn wagen. So lange man aber nach Auswegen sucht, die das in sich zusammenbrechende System verlängern sollen, sollte man um die USA, den US-Dollar, um US-Aktien und US-Anleihen weiter einen weiten Bogen machen. Angesichts der eingesetzten Abwärtsspirale wird die Schuldenfalle auch ein Thema im US-Wahlkampf. Politiker drängen mit populistischen Forderungen zunehmend darauf, die Zinssätze vorerst einzufrieren und niedrig zu halten. Dies wäre jedoch ein massiver Eingriff in die Selbstregulierung der Märkte. Der amerikanische Ökonom Michael Burda warnt vor einer schweren Wirtschaftskrise in den USA. „Das Land steckt in einem schweren Dilemma. Ich erwarte eine tief greifende Rezession“, sagte der Professor der Berliner Humboldt-Universität dem „Spiegel“. „Wenn die Krise noch bis weit ins kommende Jahr hineinreicht, kann sie Ausmaße annehmen, wie bei der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren.“ (Ausgabe vom 28.11.2007 / rohstoffraketen.de))