Das Kapital- und Machtgefüge verschiebt sich immer mehr nach Asien
eine bedeutsame Investition nannte es Tony Tan, der Vizechef der Government of Singapore Investment Corp. (GIC) – eine der weltweit einflussreichsten und verschwiegensten staatlich geführten Investmentgesellschaften – als sie in diesem Monat mit 6,7 Mrd. Euro bei der Schweizer Großbank UBS einstiegen. „Man sei zwar nun der größte Aktionär, jedoch habe man keinerlei Bedürfnis, das Geschäft der Bank zu kontrollieren.“ So etwas hatte es in der so sehr auf Unabhängigkeit bedachten Schweiz noch nie gegeben. Schweiz – ein Kissen für Geld aus Asien?
Und dann ausgerechnet noch die erste Adresse des Schweizer Bankenplatzes, die UBS, die einen staatlichen asiatischen Investor einlädt größter Aktionär zu werden. Doch die GIC war eben in der Lage, eine solche Summe innerhalb kürzester Zeit bereitzustellen.
Und auch die größte Bank der Welt, die amerikanische Citigroup, bekam nur wenige Tage zuvor eine 7,5 Mrd. starke Finanzspritze aus Abu Dhabi. Das Emirat versicherte ebenfalls, keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Bank nehmen zu wollen.
Deutlicher hätte dem Westen seine Verletzlichkeit und die Verschiebung der Kräfteverhältnisse nicht vorgeführt werden können. Das bisherige Selbstverständnis und die Verteilung der Geld- und Machtstrukturen haben sich unübersehbar verändert. Dabei gibt es Staatsfonds schon lange.
Doch erst seit China und Co. immer mächtiger werden, steigt auch die Angst vor ihrem Geld. Sie wissen, unsere Politiker arbeiten gerade an einem Gesetz, das unsere Unternehmen besser vor den staatlichen Kapitalgebern schützen soll.
Es gibt inzwischen etwa 40 Staatsfonds mit einem geschätzten Vermögen von bis zu drei Billionen US-Dollar. Bis 2017 rechnen die Ökonomen der britischen Bank Standard Chartered sogar mit einem Vermögen von 13,4 Billionen US-Dollar. Das wäre dann mehr als das Sechsfache des heutigen Börsenwerts aller notierten deutschen Aktiengesellschaften. Und für dieses Geld müssen Anlagemöglichkeiten gefunden werden.
Abu Dhabi: Der weltweit größte Staatsfonds ist der Abu Dhabi Investment Authority (Adia) mit einem Vermögen von rund 875 Mrd. US-Dollar. Er wird von dem Emirat Abu Dhabi verwaltet. Über seine Anlageziele erfährt die Öffentlichkeit praktisch nichts.
Dubai: Das Scheichtum Dubai ist ebenso verschwiegen, was Informationen zu seinen Anlagen angeht. Bekannt ist immerhin, dass man in diesem Jahr beim Börsenbetreiber Nasdaq eingestiegen ist und im Mai 2,2 % der Deutschen Bank erworben hat. Auch beteiligte man sich am japanischen Elektronikkonzern Sony. 2006 scheiterte jedoch der Versuch des Unternehmens Dubai Ports, amerikanische Häfen aufzukaufen am Widerstand der US-Regierung.
Norwegen: Mit dem in 1996 gegründeten Statens Pensjonsfonds will Norwegen seine Erträge aus der Ölförderung gewinnbringend anlegen, damit Norwegens Wohlstand auch nach dem Versiegen der Ölquellen gesichert ist. Mit mehr als 300 Mrd. US-Dollar Vermögen ist er derzeit der drittgrößte Staatsfonds. Aktuell hält der Fonds Papiere von rund 4000 Unternehmen aus 42 Märkten. Darunter auch deutsche Firmen, z.B. wie Allianz, Deutsche Telekom und Siemens.
Besonderheit: Ein Ethikrat prüft die Anlagen auf ethische Gesichtspunkte und so trennte man sich in 2006 kurzerhand von Wal-Mart, weil man dessen Personalpolitik als menschenunwürdig einstufte.
Singapur: Der Stadtstaat verfügt über zwei Fonds. Die Government Investment Corp. (GIC) können Sie sich mehr wie einen traditionellen Fonds vorstellen, die Temasek Holding eher als eine Risikokapitalgesellschaft. GIC erwirtschaftete seit 1981 eine jährliche Rendite von rund 9,5%, Temasek erreichte seit seiner Gründung in 1974 sogar 18% jährlich. Zusammen verwalten beide Fonds rund 450 Mrd. US-Dollar.
China: Die Volksrepublik hat erst im September 200 Mrd. US-Dollar ihrer Währungsreserven ihrem Staatsfonds, China Investment Corporation, übertragen. Wir sprachen bereits darüber, der Fond soll mit Chinas Geld jetzt höhere Renditen erwirtschaften, als wie bisher mit US-Staatsanleihen. Im Mai machte China dann Schlagzeilen, als sich in die Private-Equity-Gesellschaft Blackstone einkaufte.
Russland: Seit 2004 fließen alle Einnahmen aus dem Ölverkauf, die über 27 US-US-Dollar je Barrel liegen in den Stabilization Fund. In wenigen Wochen soll der Fonds in zwei Fonds geteilt werden, einen konservativ und einen riskanter agierenden. Der Stabilization Fund legt sein Geld in ausländische Währungen und in festverzinsliche Wertpapiere aus 16 Ländern an. Der Fond tritt allerdings nur selten selbst als Käufer auf. Meist erledigen dies die staatlich kontrollierten Unternehmen wie Gazprom oder Rosneft. (Heiko Seibel)
Es wäre schon lange an der Zeit, dass sich auch Deutschland endlich einen Staatsfonds einrichtet, mit dem sich das Land auf Zukunft und Probleme des Globalen Finanzsystems vorbereiten könnte. Und dann sind da noch die Rentenprobleme zu lösen. Auch wenn wir selbst keinen Öl oder ähnliches im Boden haben, so könnte wir von unseren Freunden in Norwegen einiges lernen. Wenn wir wollten, natürlich…