von Reinhard Schlieker
Ein „kleiner Händler“, hieß es fast abschätzig von Societé Générale, habe die Bank betrogen. Man könnte fast Mitleid mit der Bank bekommen. Kein Mitleid haben die Aktionäre: Sie glauben nur einen Bruchteil von dem, was sie aufgetischt bekamen.
Eine Nachricht hat wirklich verwundert. Ein unbedeutender Aktienhändler der französischen Großbank Société Générale soll der Bank mit verdeckten Geschäften einen Schaden von fast 5 Mrd. Euro zugefügt haben. Das alleine ist kaum vorstellbar. Nick Leeson, der den größten Anlagebetrug der 90er Jahre verursachte, trieb seinen Arbeitgeber die Baringsbank in den Ruin, als er (im Vergleich „nur“) 1 Mrd. Euro verzockte.
Ein anderes Gerücht ist allerdings kaum zu glauben. Weil die Société Générale am Montag im großen Stil Aktien verkaufte, soll sie den Kursrutsch teilweise mit verursacht haben. In gewisser Weise würde das einen Sinn ergeben, denn am Montag gab es kaum Nachrichten, den Kursrutsch konnte sich niemand so recht erklären. Über die Société Générale wurde aber schon an diesem Tag spekuliert.
Als das Ausmaß des Betrugs am Sonntag aufflog, soll man sich in Paris entschlossen haben, alle Risikotitel so schnell wie möglich zu verkaufen. Das ging aber erst ab Montag, und da stürzten die Aktien auf breiter Front ab. Die US-Börsen waren geschlossen, so gab es wenige Käufer und die Aktienkurse brachen weiter ein. Ein kleiner Aktienhändler soll Schuld sein am letzten Mini-Crash? Kaum vorstellbar, aber, angesichts der verrückten Zeiten, möglich ist alles, auch der Zweifel.
Keiner konnte also am Mittwoch wissen, dass der größte Börsenbetrug aller Zeiten, ein Händler der Societe Generale namens Gerome Kerviel verursacht haben soll. Dieser Gerome Kerviel habe in der Vorwoche riesige Longpositionen auf DAX und Co. aufgebaut und durch die zwangsweise Schließung dieser Mega-Position, hätte es entgegen jeglicher Vernunft am Mittwoch nochmals einen Ausverkaufstag gegeben.
Ist ein Händler der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen (das System zum Umkippen) bringt?
Erstaunlich ist eigentlich, dass ein einziger Händler quasi die US-Notenbank zur größten Notzinssenkung seit 1984 verleitet hat. Ironie pur.
Wenn dieser Händler also bereits seit Tagen auf den Turnaround beim DAX spekuliert haben soll, da die Bank die Schieflage am Wochenende auf einem geheimen Konto erst entdeckte (laut Financial Times), dann dürfte die Wahrheit wohl bei circa 5 Milliarden Euro (oder eben die 7,2 Milliarden USD) Verlust liegen.
Wenn die Banken schon Ihre Risiken im Subprime-Markt nicht im Griff haben (Banken könnten 143 Milliarden Dollar brauchen), dann sollten sie wenigstens auf Ihre Mitarbeiter aufpassen.
Der schüchterne Megabetrüger
Langsam kommt Licht in den größten Betrugsskandal der Finanzgeschichte: Jérôme Kerviel, der angeblich mehr als fünf Milliarden Euro bei der Société-Générale verzockt hat, gilt als schüchtern – aber nicht als Finanzzocker.
Deutsche-Bank stimmt auf schlechte Nachrichten ein
Der Deutschland-Chef der Deutschen Bank , Jürgen Fitschen, hat Anleger auf weitere böse Überraschungen an den seit Wochen turbulenten Finanzmärkten eingestimmt. ‚Anleger sollten darauf vorbereitet sein, dass es noch mehr schlechte Nachrichten aus dem Finanzbereich geben kann‘, sagte Fitschen der ‚Badischen Zeitung‘ (Samstagausgabe). ‚Ich denke, die ganze Wahrheit liegt noch nicht auf dem Tisch.‘Mit Blick auf die Deutsche Bank betonte Fitschen jedoch: ‚Wir haben bei der Vorstellung der Zahlen für das dritte Quartal gesagt, dass wir davon ausgehen, dass wir mit unserer Abschreibung von 2,2 Milliarden Euro diesem Thema ausreichend Rechnung getragen haben. Dem ist nichts hinzuzufügen.‘ Deutschlands größte Bank legt ihre Bilanz für das Jahr 2007 am 7. Februar vor.