FDP verkennt Zeichen der Zeit

Der FDP-Spitzenkandidat betonte, die FDP sei nicht das Stützrad für Rot-Grün. Eine Koalition mit den Sozialdemokraten erteilte er dann auch eine klare Absage: „Das soll die SPD organisieren wie sie braucht, jedenfalls soll sie die FDP nicht für ihre taktischen Spielchen missbrachen.“

Merkel: Koch soll Regierung bilden

Trotz der schweren Verluste bei der hessischen Landtagswahl will CDU-Chefin Merkel Ministerpräsident Koch im Amt halten. Die CDU als stärkste Partei müsse nun eine Regierung bilden. SPD-Chef Beck sieht dagegen Koch abgewählt und ausreichend Mehrheiten für eine Ministerpräsidentin Ypsilanti.

von ZDFde

Zur Zeiten von Herrn Genscher wäre man bei der FDP längst mit einer neuen Programmidee zur Koalitionsgesprächen in Bereitschaft. Es ist typisch für die FDP des Herrn Westerwelle, wenn sie der Meinung ist, zwanghaft an bestimmten Vorstellungen festhalten zu müssen. In der heutigen Zeit zeichnen sich Parteiprogramme kaum mit Unterschieden aus, haben aber eins gemeinsam – sie lassen immer das Wichtigste, was zur echten Erneuerung und nachhaltigen Veränderung führen könnte beflissen aus. Das lässt sich nicht anders verstehen, als dass alle Parteien von nachhaltigen Konsequenzen einer Systemveränderung Angst haben. Es ist leichter über etwas zu schimpfen (Ausländer, Atomkraftwerke, Manager oder Harz IV), wenn im Rucksack keine Lösungen eingepackt worden sind. Das beste Beispiel ist Roland KOCH selbst, der einerseits über Gewaltzunahme der ausländischen Jugendlichen Wahlkampf führt und andererseits in seiner Verantwortung als Ministerpräsident die Zahl der Richter und Polizisten vermindert, so dass eine gesetzeskonforme Abarbeitung der Probleme gar nicht möglich ist.

Schon der Ausgang der Wahlen in Niedersachsen zeigt deutlich, dass auf Menschen, Minderheiten oder Probleme einzudreschen keine Lösung ist. Herr Wulf hat es mit „väterlichen Liebe“ verstanden, die Wähler zumindest soweit um sich zu scharren, dass alles so bleiben kann, wie es war. In Hessen ist aber durch den Wähler darauf hingewiesen worden, dass eine Pattsituation nicht durch taktieren sonder durch kluges Nachdenken gelöst werden muss.

Hier ist Frau Ypsilanti mehr zuzutrauen als Herrn Koch. Frau Ypsilanti besitzt eine Integrationsfähigkeit, die Herrn Koch in der ihm eigenem Hang zu profilsüchtigem Polarisieren abhanden gekommen ist. Diese verstaubte Welt will der Wähler nicht mehr haben – insofern hat diese Wahl auch eine Bundesdeutsche Qualität. Mit den bisherigen beschwichtigenden Konzepten werden sich die anstehenden Probleme nicht aussitzen lassen. Vergessen wir nicht – CDU ist immer noch die Partei von Helmut Kohl und von dem hat sie nur zu gut gelernt: heiße Eisen fasst man besser nicht an und wartet, bis es jemand anderer tut, wenn es gut geht, ist man geschickt genug, es als eigenen Erfolg unter dem Stuhl hervorzuholen.

Hessen sollte sich nach dieser Wahl als Labor für die Neue Integration verstehen. Die FDP sollte in ihrem Programm nachlesen, wie viele Punkte im Prinzip gleich mit der SPD und den Grünen sind. Sie werden erstaunt viele zu finden. Nur weder mit der CDU noch alleine werden sie diese Ziele erreichen. Mehrheitsfähig, d. h. gesellschaftsfähig werden diese Punkte erst, wenn sie in einem Kompromiss der Koalition SPD-Grüne-FDP durchgearbeitet worden sind.

Herr Koch mag von Frau Merkel als wichtiger und kompetenter Wirtschaftsfachmann hochgelobt werden, wird er ja auch sein. Aber als Vorzeichen der Selbstherrlichkeit stellt er diese Kompetenz wieder selbst in Frage. Also kann eine Koalition aus CDU-FDP-Grüne die Probleme nicht lösen, weil sie dazu zunächst einen in politischen Dimensionen ewig dauernden Veränderungsprozess durchlaufen müsste – solche Selbsterfahrungsgruppen können wir uns aber im Staatsvertrag nicht leisten.

Die FDP sollte ihre liberale Steuerpolitik mit dem Ziel eines bedingungslosen Grundeinkommens verbinden – dann wäre daraus ein Programm – darüber könnten die Hessen schon mal in der Konstellation SPD-Grüne-FDP etliche Vorarbeiten im eigenen Land und in den Bundesgremien leisten. Alle drei Parteien müssten auf die Idee kommen, dass sie für die Zukunft gerüstet sind – wenn sie die Zukunft gemeinsam angehen. Der Wähler wird einer Koalition SPD-Grüne-FDP für den Wechsel danken.

Wie es die Interessenten sehen, kann beim VOTING (rechts) beobachtet werden.

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