Krankenhäuser müssen stabilisiert werden

Pressemitteilung Berlin, 7. Februar 2008 – Nr. 04/08
Marburger Bund fordert Sofortprogramm zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Krankenhäuser

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) fordert von der Bundesregierung ein Sofortprogramm zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser. Ein heute vorgestelltes Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Institutes für Wirtschaftsforschung und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO weist auf erhebliche Finanzierungslücken im stationären Sektor hin. „Das Sofortprogramm der Bundesregierung muss die Deckelung der Budgets beenden, eine realistische Refinanzierung der Aufgaben orientiert an den tatsächlichen Kosten der Krankenhausleistungen einschließlich der Tarifentwicklung ermöglichen und eine sofortige Rücknahme der Sanierungsabgabe an die Krankenkassen beinhalten“, erklärte der Vorsitzende des MB, Rudolf Henke.

Gleichwohl kritisierte der Marburger Bund die „in den tarifpolitischen Teilen nicht nachvollziehbaren Berechnungsgrundlagen“ des Gutachtens. So habe es das angeblich zugrunde gelegte Arbeitgeberangebot an den MB bei der laufenden Tarifrunde für die kommunalen Klinikärzte gar nicht gegeben. Dieses soll laut Arbeitgeber erst bei der nächsten Verhandlungsrunde am 20. Februar vorgelegt werden. Wissenschaftlich zweifelhaft sei zudem die Annahme, dass der bevorstehende Tarifabschluss im kommunalen Bereich auch Anwendung und somit finanzielle Auswirkungen auf alle anderen Klinikträger haben würde. „Dies ist schon deshalb falsch“, so Henke, „da beispielsweise der Tarifbereich der Universitätskliniken bereits die Einkommenshöhe zahlt, die der Marburger Bund nun für die kommunalen Klinikärzte fordert.“ Auch sei es eine pure Legende, dass es in der Vergangenheit bereits hohe Tarifsteigerungen für Mediziner gegeben habe. „Im Schnitt bewegen sich die bisherigen Einkommenserhöhungen für Ärzte zwischen einem und vier Prozent“, erklärte Henke.

Trotz dieser Differenzen sei unbestritten, dass angesichts seit über 15 Jahren strikt budgetierter Ausgaben und etlicher zusätzlicher Spar- und Minusrunden die stationäre Versorgung der Bevölkerung nur noch durch einen schier „übermenschlichen“ Einsatz des Klinikpersonals und zwar sowohl der Ärzte als auch in der Pflege gewährleistet werden könne. Henke: „Wir sind nicht mehr bereit, mit überlangen Arbeitszeiten und millionenfach unbezahlten Überstunden ein System vom Staat begrenzter Preise zu stützen, das völlig an der Realität vorbeigeht. Die Krankenhausfinanzierung gehört auf die Intensivstation.“ Der Marburger Bund wies in diesem Zusammenhang auf seine repräsentative Umfrage vom Herbst 2007 hin, die belegt, dass knapp 60 Prozent der Klinikärzte gesetzeswidrig überlange Arbeitszeiten leisteten und nur zehn Prozent der jährlich 57 Millionen Überstunden vollständig vergütet würden. Die Ärzte subventionierten damit das deutsche Gesundheitssystem mit jährlich mehr als einer Milliarde Euro, meinte Henke.

Diese vor allem politisch verursachten katastrophalen Arbeitsbedingungen hätten zu einer regelrechten Ärzteflucht und einem Ärztemangel in den Krankenhäusern geführt. Waren es im Jahr 2002 noch knapp 1 700 deutsche Ärzte, die ins Ausland abwanderten, seien es in 2006 bereits rund 2 600 gewesen. Mittlerweile würden insgesamt zirka 16 000 deutsche Ärzte im Ausland arbeiten. Bei der laufenden Tarifrunde für die 55 000 kommunalen Klinikärzte habe der Marburger Bund deshalb mit durchschnittlich 10,19 Prozent eine spürbare Gehaltssteigerung gefordert, um den Arbeitsplatz Krankenhaus für die Ärzte wieder attraktiver zu machen.

Rheinisch-Westfälisches Institut
für Wirtschaftsforschung
in Kooperation mit BDO Deutsche Warentreuhand
AG – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Gutachten im Auftrag der
Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V.
Abschlussbericht

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