„Die Presse muss die Freiheit haben,
alles zu sagen, damit gewisse Leute
nicht die Freiheit haben, alles zu tun.“
(Stewart J. O. Alsop)
Das bezieht sich im Zeitalter auf alle Informationsmedien. Die Presse-/Medienfreiheit muss auch in Deutschland verteidigt werden. Gewinnmöglichkeiten im Internet beginnen die privaten Verleger nervös zu machen. Der alte Streit zwischen den Öffentlich Rechtlichen und privaten Medienanstalten verbreitet sich nun auch auf die wirtschaftliche Nutzung von Internet. Sogar die EUrokraten aus Brüssel scheinen eine Beschränkung der Aktivitäten von den Öffentlich Rechtlichen Medienanstalten zu verlangen, die sich durch Gebührengeld finanzieren. Völlig außeracht gelassen wird dabei, dass der Hörer/Zuschauer/Nutzer genauso wie beim „Bezahlfernsehen“ und anderen privaten Medien durch Gebührengeld bereits seinen Obolus abgeliefert hat. Dafür muss aber auch die gewohnte Qualität, Verlässlichkeit und weitgehend mögliche Unabhängigkeit beibehalten werden. Die Absicht, dass die öffentlich rechtlichen Medien ihre ausgestrahlten Beiträge nur 7 Tage im Netz vorhalten dürfen ist nichts anderes, wie in den zwanziger Jahren in Chicago Gebiete der Stadt unter verschiedenen „Familien“ aufgeteilt worden sind. Kaum ist in Italien Berlusconi wieder an die Macht gekommen, wird die Beschränkung von Öffentlich Rechtlichen weiter verfolgt. Der Effekt wird sein, dass die privaten Verlage und Verleger sich nach sieben Tagen um die Beiträge bewerben, sie aufkaufen und in ihrer eigenen Art zweckverpackt präsentieren werden. Wenn wir es zulassen, dass unter dem Mantel eines vermeintlichen Chancenausgleichs für die privaten Verlage die Öffentlich Rechtlichen in ihrer Freiheit beschnitten werden, dann schieben wir die Gleichschaltung der Medien weiter an und spalten die Demokratie zu Gunsten von gewinnorientierten Information. Menschen, die in Demokratie leben wollen, können nicht daran interessiert sein, dass Information zum Konsumartikel degradiert wird.
Die Archive der Öffentlich Rechtlichen, in denen wir uns für unser Gebührengeld informieren dürfen, müssen weiter unbeschränkt zu Verfügung stehen. Für den Nutzer der gesamten Informationslandschaft muss es möglich sein, durch Vergleiche herauszufinden, hinter welchen Informationen Lobbyisten stehen – nur der Zuschauer kann die Gleichschaltung der Medien durchbrechen. Das wollen die privaten Verleger mit Hilfe der EUrokratie verhindern. Doch noch lässt sich die „italienische Lösung“, die weitgehende Löschung der Filmarchive aufhalten. Nur wenn alle 16 Ministerpräsidenten der Länder dem Vertrag zustimmen, kann er umgesetzt werden.
Pressemitteilungen
bei FAZ / Mitte April und im Juni wollen die Ministerpräsidenten den neuen Staatsvertrag debattieren und Mitte Oktober beschließen. Im Frühjahr 2009 würde er ratifiziert. Man wolle ARD und ZDF nicht „auf einen absterbenden Ast“ setzen, sagte Kurt Beck. In der Medienpolitik hat er sein Wort bislang noch immer gehalten.
bei HEISE / Mit einem kleinen Satz droht der Staatsvertrag den Öffentlich-Rechtlichen nun den Garaus zu machen – glauben zumindest die Sender. Laut Schächter heißt es in dem Entwurf: „Textbasierte Angebote (Lesemedien), die über die Anstaltspräsentation hinausgehen, sind nur sendungsbezogen zulässig“. Erklärend heißt es dazu in Klammern – und unter Beifall der Verleger – „eine elektronische Presse findet nicht statt.“ Darüber hinaus sollen erlaubte Texte nach maximal sieben Tagen wieder verschwinden. Für die betroffenen Anstalten kommt das einem Todesurteil gleich. „Wenn wir uns im Internet nicht entfalten dürfen, dann ist das unser Ende”, sagt Peter Voß, der frühere Intendant des Südwestrundfunks. Sein Amtsnachfolger Peter Boudgoust: „Hier steht nicht weniger als unsere journalistische Kernaufgabe zur Disposition.“
Doch die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF sind nur ein kleiner Teil dessen, was im Staatsvertrag festgelegt wird. Da geht es auch um das Verfahren, mit dem geprüft wird, ob neue Programmangebote mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag vereinbar sind. Hier verlangt die EU-Kommission eine verstärkte Überwachung der Auflagen durch externe Kontrollorgane. Doch dieser Forderung sind die deutschen Medienpolitiker bislang nicht nachgekommen. Sie setzen stattdessen weiterhin auf die bisherigen internen Gremien der Sender wie Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte, in denen etliche von ihnen selbst Sitz und Stimme haben.
bei panorama / Verleger in der Offensive – Online-Filmarchive der ARD sollen gelöscht werden
Die Zukunft liegt im Internet. Klingt gut, dem kann jeder zustimmen. Auch die deutschen Zeitungsverleger, die Angst vor sinkenden Profiten haben und deshalb ins Internet drängen. Doch da treffen sie auf die journalistische Konkurrenz von ARD und ZDF. Seriöse Berichterstattung, attraktiv verpackt. Fazit: Das schnelle Geld können die Verleger auch hier nicht machen.
Deshalb haben sich die Verleger etwas ausgedacht: Die Zukunft soll zwar im Internet liegen, aber nur für sie, nicht für ARD und ZDF. Und die Verleger haben, erstaunlicherweise, für ihre Idee Unterstützung in einigen Staatskanzleien gefunden. Dort ist in den letzten Monaten ein neuer Rundfunkstaatsvertrag ausgearbeitet worden. Nur noch ein sieben-tägiges Sendearchiv soll erlaubt sein.
Alle 16 Länder müssen zustimmen
Auch für panorama.de könnte das heißen: Große Teile des Online-Filmarchivs müssten gelöscht werden! Hunderte Beiträge, jahrelange Recherche, viel Gebührengeld: All das soll dem Zuschauer verloren gehen. Der neue Rundfunkstaatsvertrag liegt zwar im Entwurf vor, ist aber politisch hoch umstritten. Am 12. Juni wollen die Ministerpräsidenten der Länder über ihn beraten. Vieles spricht bisher dafür, dass sie es tun, denn aufgrund der schwer verständlichen Formulierungen im Vertrag gab es bisher kaum Proteste.
Doch noch lässt sich die weitgehende Löschung der Filmarchive aufhalten. Nur wenn alle 16 Ministerpräsidenten der Länder dem Vertrag zustimmen, kann er umgesetzt werden.
Abstimmung (Ergebnis):
In der Diskussion um die öffentlich-rechtlichen Online-Angebote wird unter anderem gefordert, dass ARD und ZDF ihre Filmbeiträge künftig nach sieben Tagen aus dem Internet löschen sollen. Panorama könnte dann ältere Berichte nicht mehr für die Zuschauer bereitstellen. Halten Sie diese Forderung für sinnvoll?
Ja 10,45 %
Nein 87,24 %
Weiß ich nicht 2,31 %
Medienpolitik – (ver.di-Bundesvorstand)
Entwürfe zum Rundfunkstaatsvertrag „besorgniserregend“
02.05.2008
Als „nicht nur bedenklich, sondern besorgniserregend“ bezeichnete die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die bislang vorgelegten Entwürfe für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag. In einem Brief an die Ministerpräsidenten sprach sich der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske für eine möglichst genaue Umsetzung des mit der EU-Kommission ausgehandelten Kompromisses aus. „Die vorliegenden Entwürfe fallen weit hinter den mit der EU-Kommission gefundenen Verhandlungsstand zurück“, schreibt Bsirske.
Als besonders problematisch würden die vorgesehenen rundfunkstaatsvertraglichen Regelungen neuer digitaler Dienste, vorwiegend der Telemedien- und Onlineangebote, gesehen. Diese benachteiligten die öffentlich-rechtlichen Anstalten im publizistischen Wettbewerb mit den privatwirtschaftlichen Rundfunkanbietern. „Derart restriktive Beschränkungen halten wir auch verfassungsrechtlich für bedenklich“, unterstrich Bsirske.
Bsirske wies darauf hin, dass man Text- und Bildbeiträge nicht nur auf einzelne Sendungen beschränken dürfe. Webnutzer würden multimediale Angebote zum gesamten Themenspektrum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erwarten, die diesem nicht untersagt werden dürften. Zudem müssten Sendungen auch für längere Zeit abrufbar bleiben können.
Herausgeber:
V.i.S.d.P.: Harald Reutter
ver.di-Bundesvorstand
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10179 Berlin
Tel.: 030/6956-1011 bzw. -1012
Fax: 030/6956-3001
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bei FAZ/ ARD und ZDF geben 57 Millionen Euro pro Jahr für Online aus
Dass es dafür aber bislang keine Grenzziehung gibt, darauf lautet das Monitum der Zeitschriftenverleger. Insbesondere die mittelständischen Verlage hätten Grund, sich in ihrem Bestand bedroht zu sehen, sagte der Präsident des Zeitschriftenverlegerverbands, Hubert Burda.
Dabei sehe man sich nicht nur einen Finanzpotential von 57 Millionen Euro pro Jahr gegenüber – so viel geben ARD und ZDF nominell für Online aus -, sondern, da man die Aufwendungen nicht auseinanderrechnen könne, „einem Gebührenvolumen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr“. Bei ARD und ZDF gebe es offenbar den Ehrgeiz, „online etwas Print-Ähnliches zu schaffen – alles, was bislang der gedruckten Presse vorbehalten war, machen ARD und ZDF im Internet. Wenn das unkontrolliert so weitergeht, ist das eine Gefahr für die freie Presse und die Medienvielfalt.“ Besonders die ARD gehe schneidig voran und dringe in privatwirtschaftliche Bereiche vor. Ablesbar sei dies an den unzähligen Ratgeberangeboten, die ARD und ZDF vorhielten. Deshalb sei es geboten, die Ministerpräsidenten darauf hinzuweisen, dass ihre Regelungskompetenz bei der aktuellen Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags gefragt sei.
bei FAZ / Wie sollte das Angebot von ARD und ZDF im Internet konkret aussehen?
Sie können zunächst ihre Programme aus dem Fernsehen live und parallel ins Internet stellen. Sie können Programme auch abrufbar vorhalten. Das ist unbestritten. Allerdings muss es da eine zeitliche Begrenzung geben. Ich halte die bislang genannte Sieben-Tage-Regel für kostenlose Verfügbarkeit für sinnvoll, eine zeitliche Grenze muss es allein aus wettbewerbs- und aus europarechtlichen Gründen geben. Mit dem Entwurf für den Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben wir in dieser Frage eine gute Grundlage, auch wenn über Einzelheiten zu diskutieren ist.