Unsere Gesellschaft scheint sich in einer Zerreißprobe zu befinden. Auf der einen Seite vermittelt die hochentwickelte Technologie die Illusion, alles wäre machbar. Auf der anderen Seite wird das „noch nicht machbare“ durch Arbeit der Politik, der Medien und der Werbung solange umdefiniert, bis es machbar erscheint. Dabei entstehen Widersprüche, die es unverständlich erscheinen lassen, warum es nicht möglich ist, Probleme und Krisen zu lösen. Umwelt, Ökologie, Kriege, Hunger, Wassermangel, Energieprobleme usw. Allzu oft riecht es nach Zweckbestimmung durch jemand anderen. Und die Frage drängt sich auf: Wer profitiert eigentlich von der jeweiligen Krise, unter der andere, meistens unzählige andere leiden. Die freie Marktwirtschaft wurde in soziale Marktwirtschaft umgebaut, die Reste umdefiniert, damit alle fleißig am Wohlstand arbeiten, evtl. auch teilhaben. Das Goldene Kalb wurde immer mehr in den Mittelpunkt gedrängt und hat heute im Bereich des alltäglichen Lebens, der persönlichen Lebensplanung und in der politischen Diskussion Hochkonjunktur. Als ob es nichts anderes gäbe – keine anderen Probleme, keine anderen Werte. Und mitten drin stellt der Bürger fest, die Probleme sind geblieben und das Goldene Kalb wird dünner.
Nun muss der Geist bemüht werden, um den Fehler zu suchen. Schließlich ist irgendetwas für das Versagen der Machbarkeit verantwortlich. Die Neurowissenschaften sind soweit gekommen, dass eine Schmacht nach Erklärung von Vorgängen im Gehirn entstanden ist. Antworten auf alte und zentrale Fragen der Geisteswissenschaften erscheinen in greifbarer Nähe. Und – wenn es keinen freien Willen gäbe, dann wäre das Versagen des sozialpolitischen Menschen erklärbar und sogar zu entschuldigen.
Unter der Absicht von zukünftiger Verwendung technologischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse hat sich auch der Bundestag mit der Materie des Freien Willens beschäftigt. Ein beachtliches Dokument für die Information der Abgeordneten und als Hilfe für Entscheidungen ist dabei entstanden.
…“»Freier Wille« unwiderlegt
HIRNFORSCHUNG
Ergebnisse liefern keine fertigen Antworten
Bis auf Weiteres hat die Hirnforschung nicht genug Beweise, um die bisher gültige Auffassung eines „freien Willens“ zu revidieren. Zu diesem Schluss kommt das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag in einem Bericht zum Stand der Neurologie (16/7821). Thesen zur „Determination geistiger Vorgänge durch neuronales Geschehen im Gehirn und zum illusionären Charakter der Willensfreiheit“ würden bisher nicht ausreichend durch empirische Daten gestützt. Naturwissenschaftler hätten noch keine befriedigende Antwort auf die Frage gefunden, wie der Mensch dazu kommt, Dingen Bedeutung zuzumessen. „Bedeutungsinhalte des Bewusstseins sind gesellschaftlich konstituiert und über Sprache und Schrift oder andere Symbolsysteme objektiviert. Wie dies auf neuronaler Ebene realisiert wird, ist bisher unverstanden“, lautet ein Fazit des Berichts.
Ungeklärt sei auch, was im Gehirn abläuft, bevor ein Mensch lernt. Es werde heute zwar besser verstanden, warum Menschen in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich gut lernen. Doch Menschen mit Lernschwierigkeiten könne mit dem alleinigen Verweis auf die Neurophysiologie nicht geholfen werden, da bewährte Lernumgebungen oder ein effizientes Gehirn allein wirkungslos blieben. Die Forschungsergebnisse seien zu unbestimmt, um Anleitungen für schulische und andere Lerngelegenheiten geben zu können…“
Das Ergebnis zeigt, dass uns als Menschen nichts anderes übrig bleibt, als sich um Lösungen von Problemen zu bemühen. Das erfordert ständige Entscheidungen. Erfordert also auch den freien Willen. Die Ergebnisse mögen manchen Zeitgenossen als unzureichend erscheinen, weil sie die allmächtige Machbarkeit in Reich der Illusionen zurück bringen. Gleichzeitig wird aber die Folgerung gezogen, Illusionen wären erforderlich, um den vermeintlich nicht existierenden Freien Willen umzugehen – also Entscheidungen vorbei an „willenlosen“ Bürgern treffen zu können. Ich gehe nicht weit aus der Realität, wenn ich mir vorstelle, dass genau dieses die unbewussten Gründe waren, sich mit der Frage des „Freien Willens“ zu beschäftigen. Schließlich hören wir bei jeder Wahl in den Wahlkämpfen, dass dem Bürger nicht alles erklärt werden kann, weil er es doch nicht verstehen würde. So werden mit Wahlkampfreden und Gutachten Wahllügen produziert, die niemand als solche benannt haben will. Der Politiker und der Manager haben immer Recht – vorausgesetzt, sie sind andere Menschen, als in der Bundestagsdrucksache 16/7821 (16. Wahlperiode 22. 01. 2008) beschrieben.
Auf jeden Fall ist es einer der zentralen Probleme der Gesellschaft. Wir nehmen die Steilvorlage des Bundestages gerne auf und werden uns mit diesen Problemen auf mentalnet eingehend weiter beschäftigen.
/Deutscher Bundestag
Drucksache 16/7821
16. Wahlperiode, 22. 01. 2008
Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a der Geschäftsordnung
„…4. Schlussfolgerungen
Dass sich wie von Habermas formuliert beide Seiten, Neurowissenschaftler und Philosophen, Deterministen und Indeterministen, in Verlegenheit befinden, scheint als knappes Resümee zum Stand der Debatte um das Verhältnis von Geist und Gehirn durchaus geeignet. Die eingangs dieses Kapitels skizzierten beiden Positionen stehen sich, wie der kurze Durchgang durch die wesentlichen Themen der Debatte gezeigt hat, unvermittelt gegenüber. Auf der Basis des derzeitigen empirischen Kenntnisstands lässt sich lediglich zeigen, dass mentale Ereignisse mit beobachtbaren und messbaren neuronalen Prozessen in verschiedenen Hirnarealen in Verbindung stehen. Eine neurowissenschaftliche Erklärung komplexer Bewusstseinsvorgänge, wie sie lebensweltliche Entscheidungen darstellen, ist (bisher) nicht möglich. Es ist derzeit auch nicht abzusehen, in welcher Weise wir auch bei weiterer Aufklärung der neurobiologischen Realisierung mentaler Zustände (durch z. B. bildgebende Verfahren) in der Lage sein werden, den Zusammenhang von mentalen Zuständen und Hirnzuständen über die Konstatierung von Kovarianz hinaus zu verstehen. In theoretischer Hinsicht der psychologischen Ebene auf der Grundlage von Gesetzmäßigkeiten auf der neuronalen Ebene im Prinzip vorstellbar sein. .Eine andere Frage ist es, ob es angesichts des gegenwärtigen Forschungsstandes bereits heute realistisch ist, solche Erklärungen zu erwarten. (Schumacher 2005a, S. 50).
Die Diskussion um das Verhältnis von Geist und Gehirn, Willensfreiheit und neuronaler Handlungsverursachung bleibt insofern spekulativ. Die Philosophie des Geistes arbeitet sich dabei an dem Problem ab, rein logisch zu klären, wie unsere Alltagsintuitionen (Freiheit, Handlungsautorschaft) mit dem naturwissenschaftlichen Weltbild in Einklang zu bringen sind bzw. wie der Geist in der materiellen Welt untergebracht werden kann. Der Anspruch ist hier natürlich nicht der einer letzt- und allgemeingültigen Lösung des Problems, sondern seiner immer wieder neuen und genaueren Beleuchtung. Dabei bewegt sie sich vielfach sozusagen auf dem Boden der deterministischen Annahmen der Neurowissenschaften. Durch eine engere Kooperation von Neurowissenschaften und Philosophie, die an einigen Stellen in Gang gekommen ist, werden Fortschritte der philosophischen Debatte durch den Bezug der hier entwickelten Konzepte z. B. zur Frage der mentalen Verursachung auf empirische Ergebnisse der Hirnforschung erwartet. Andererseits kann die Philosophie dazu beitragen, einen (bisher fehlenden) theoretischen Rahmen zu entwickeln, innerhalb dessen einzelne empirische Ergebnisse der Hirnforschung erst interpretierbar und verstehbar werden. Die Hirnforschung ist zur Aufklärung des Verhältnisses von Geist und Gehirn, jedenfalls bis auf Weiteres auf eine Kooperation mit der Philosophie und der Psychologie insofern angewiesen, als sie als Korrelat der von ihr untersuchten neuronalen Aktivität die experimentell operationalisierbare Beschreibung mentaler und psychologischer Vorgänge benötigt, wie sie sich auf der Verhaltensebene manifestieren und in der Sprache der Psychologie beschrieben werden (Schumacher 2005a).
Offenbar wird nur von wenigen an der Debatte Beteiligten, auch nicht von Neurowissenschaftlern wie Gerhard Roth, die Relevanz mentaler Prozesse für das menschliche Verhalten oder auch die Bedeutung kultureller Lernprozesse abgestritten und das Mentale als reine Illusion begriffen. Andererseits wird von keinem Philosophen oder Geisteswissenschaftler negiert, dass der Geist im Gehirn lokalisiert ist oder mentale Prozesse dort realisiert werden. Beide Seiten stehen vor dem Problem der Übersetzung des Mentalen in das Neuronale bzw. des Neuronalen in das Mentale. Der Vorwurf einiger Protagonisten der Neurowissenschaften an die Geisteswissenschaften lautet, ihre Konzepte zum Verhältnis von Geist und Gehirn liefen letztlich, entgegen ihren eigenen Intentionen auf die unhaltbare Annahme der Existenz einer unabhängigen zweiten geistigen Substanz neben dem Materiellen hinaus. Sie könnten nämlich nicht erklären, wie geistige Prozesse auf der Basis neuronaler Aktivität realisiert werden, also wie der Geist im Gehirn entsteht, und wie vor allen Dingen der Geist auf die physiologischen Hirnprozesse einwirken kann. Dieser Vorwurf ist an die Neurowissenschaften zurückzugeben, solange sie das Problem der sogenannten mittleren Ebene der Herstellung von Bedeutung durch einen wie auch immer gearteten neuronalen Code nicht gelöst haben. Solange dies nicht gelungen ist, bleibt der Erklärungsanspruch der Neurowissenschaften mit einigen erkenntnistheoretischen Problemen behaftet, die sich aus dem Umstand ergeben, dass die Neurowissenschaften das mentale (lebensweltliche oder psychologische) Vokabular benutzen müssen, um überhaupt das Mentale erforschen zu können. Sie brauchen Beschreibungen auf der Verhaltensebene oder aus der Ersten-Person-Perspektive (ich spüre Schmerz; ich sehe rot; ich habe mich entschieden, jetzt den Arm zu heben), denen dann beobachtbare neuronale Vorgänge zugeordnet werden. Es kann infrage gestellt werden, inwiefern überhaupt die semantische Ebene des Alltagshandelns angemessen neuronal abgebildet werden kann, also durch einen physikalischen Prozess, der an sich sinnlos ist. Es bleibt auch problematisch, dass Neurowissenschaftler in der Beschreibung ihrer eigenen Tätigkeit als Forscher immer darauf angewiesen sind, für sich in Anspruch zu nehmen, dass sie aus bestimmbaren Gründen die Entscheidung getroffen haben, ein Experiment in dieser und jener Weise durchzuführen oder aus den Ergebnissen diesen und jenen Schluss gezogen haben, obwohl sie dies doch, jedenfalls die harten Deterministen unter ihnen, als illusorisch ansehen müssten.
Auch die Rede davon, dass nicht das Ich oder die Person sondern das Gehirn entscheidet, sieht sich der Kritik ausgesetzt, dass der Begriff des Entscheidens (im Sinne des Abwägens von Mitteln und Zielen) sinnvoll nicht auf physikalische Prozesse des Gehirns angewandt werden kann, ohne die Voraussetzung zu machen, dass es sich um Gehirne von Personen handelt, die Entscheidungen treffen. Andernfalls müsste der Begriff des Entscheidens gleichgesetzt werden mit einer chemisch-physikalischen Reaktion so als habe sich Eisen beim Vorliegen bestimmter Bedingungen (Vorhandensein von Sauerstoff und Feuchtigkeit) .entschieden zu rosten (Vogel 2004, S. 990).
Das Programm der Hirnforscher, wie im sogenannten Manifest formuliert, den Geist biologisch zu erklären, würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass sich (das Beispiel ist Vogel 2004 entnommen) Ps Überzeugung, der Staat solle sich aus dem Bildungssektor zurückziehen, aus der neuronalen Konstellation seines Gehirns ablesen ließe, ohne dass P über diesen Vorgang befragt werden würde. Hieran lassen sich bis auf Weiteres erhebliche Zweifel anmelden. Gesetzt den Fall, eine rein neuronale Beschreibung von Ps bildungspolitischen Überzeugungen gelänge, dann würde nach wie vor die in irgendeiner wissenschaftlichen Formelsprache gefasste Aussage über die als Ps bildungspolitische Überzeugung identifizierte neuronale Aktivität nur im Kontext des Wissens über Bildungspolitik und ggf. Ps Verhalten als Bildungspolitiker verstehbar und sinnvoll sein. Selbst die letztliche Überprüfung, ob die Beschreibung der neuronalen Prozesse Ps Überzeugung richtig erfasst habe, wäre auf den Rekurs auf sein tatsächliches Verhalten und also ein Verständnis seines Handelns und der damit verbundenen Gründe in Termini der Alltagssprache angewiesen. Auch Neurowissenschaftler wie Singer gehen davon aus, dass kulturelle Verabredungen und soziale Interaktionen Hirnfunktionen beeinflussen. Anders wären Sozialisationsprozesse, wie Lernprozesse überhaupt, nicht vorstellbar. Die symbolischen kodierten Inhalte des Bewusstseins können daher nicht mit ihren neuronalen Korrelaten identisch sein (Singer 2004b, S. 55). Insofern wird also eine Art Wirkung des Geistigen zugestanden. Vorstellen muss man sich diese aber offenbar analog zur Wirkung eines äußeren materiellen Reizes. Geistiges wirkt in gleichem Maße wie alle anderen Faktoren, die auf neuronale Verschaltungen und die auf ihnen beruhenden Erregungsmuster einwirken (Singer 2004b, S. 55).
Fraglich bleibt, ob und wie die Einwirkung von im Medium der Sprache transportierten semantischen Gehalten analog zur Anregung eines neuronalen Areals durch einen Lautreiz verstanden werden kann, wie neben dem reinen Laut eines Gedichtes auch dessen symbolischer Inhalt vermittelt wird. Hierzu liegen keine Modelle vor. Das missing link ist hier der neuronale Code der Verarbeitung von Sinn. Wie sich der Stand der Forschung hierzu aus der Sicht eines Neurowissenschaftlers darstellt (Vogeley 2005, S. 85 ff.), sei im Folgenden kurz skizziert: Das Problem des neurowissenschaftlichen Reduktionismus von Bewusstsein auf neuronale Strukturen und Aktivitäten bestehe darin, dass dieser, wenn er die eigentlich bedeutungstragenden, kognitiven Leistungen oder mentalen Phänomene in ihrer Existenz leugnet, auch gleich Bedeutungsgehalte an sich eliminiert, oder in einer epiphänomenalen Beschreibung letztlich ihre funktionale Relevanz bestreiten muss. (Vogeley 2005, S. 85). Die Bedeutung eines mentalen Vorgangs ist nur aus der kulturell bestimmten Semantik bestimmbar, nicht aber an den neuronalen Strukturen des Gehirns ablesbar. Dieses Problem hat schon Freud im Kontext einer durchaus vergleichbaren Diskussion um Geist und Gehirn Ende des 19. Jahrhunderts formuliert: „Ist es gerechtfertigt, eine Nervenfaser, die über die ganze Strecke ihres Verlaufes bloß ein physiologisches Gebilde und physiologischen Modifikationen unterworfen war, mit ihrem Ende ins Psychische einzutauchen und dieses Ende mit einer Vorstellung oder einem Erinnerungsbild auszustatten?“ (Freud 1992, nach Vogeley 2005, S. 85).
Die zeitliche und räumliche Lokalisierung von neuronalen Vorgängen und deren Kovarianz mit mentalen Prozessen führt zur Auffassung einer modularen Arbeitsweise des Gehirns (Kap. II). Mentale Prozesse sind aber ganzheitliche Phänomene und mit der Erfahrung eines einheitlichen Bewusstseins fest verbunden. Es bleibt weiterhin ungeklärt, durch welche integrativen Prozesse aus der modularen Gehirnaktivität die Einheit des Bewusstseins hergestellt wird (Vogely 2005, S. 85). Die neuronalen Verbände wissen nicht, welche Informationen sie kodieren. Es kann nach den Erkenntnissen der Neurowissenschaften nur das System als Ganzes sein, das die Bedeutung repräsentiert. Bedeutung ist nicht lokalisierbar im Gehirn und damit nicht als „eigene Substanz“ existent, sondern wird nur als Muster auf materiell-organischer Grundlage (dem neuronalen Geschehen des Gehirns) angezeigt. Hier ließe sich eventuell die Fähigkeit des Menschen zu „Symbolkompetenz“ verorten, d. h. die Möglichkeit, die Schatten der Wirklichkeit, wie sie sich in seinem Gehirn darstellen, also die neuronale Repräsentation seiner Lebenswelt in Symbolen dieser Lebenswelt vorzustellen (Creutzfeld 1989, nach Vogeley 2005, S. 86). Denken geschieht in der Verarbeitung von Symbolen, die durch die Systeme der menschlichen Sprach-, Bild-, und Klangwelt gegeben sind. Diese Verarbeitung vollzieht sich auf der Basis neuronaler Prozesse, ist durch diese aber offensichtlich nicht hinreichend beschrieben. Bis auf Weiteres bleibt die zentrale Frage also unbeantwortet: Wie bringt eine solche Synthese elementarer Bestandteile (das Gehirn), wie komplex sie auch immer sein mag, nicht allein die bemerkenswerten physischen Fähigkeiten des Organismus hervor, sondern zusätzlich ein Wesen mit einem Bewusstsein, einer subjektiven Perspektive und einem enormen Spektrum subjektiver Erlebnisse und psychischer Fähigkeiten; Aspekte, die sich der physikalischen Auffassung der objektiven Wirklichkeit insgesamt entziehen?. (Nagel 1992, nach Vogeley 2005, S. 53 f.).
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, bezüglich der abschließend zu stellenden Frage nach den möglichen gesellschaftlichen Konsequenzen der Erkenntnisse oder Thesen der Neurowissenschaften zum Verhältnis von Geist und Gehirn mit einem (vorläufigen) „So what?“ zu antworten. Jürgen Habermas (2004) hält wegen der aus seiner Sicht nicht zu hintergehenden Dualität der Perspektiven (objektivierende Naturwissenschaft vs. teilnehmende Perspektive der Lebenswelt und der Kulturwissenschaften) die Erkenntnisse der Neurowissenschaften für nicht alltagsrelevant. Das heißt, sie sind bedeutungslos für unser Verständnis von Freiheit und Verantwortung, solange nicht die neuronal basierten Gesetzmäßigkeiten mentaler Zustände und Vorgänge in einem Maße entschlüsselt sind, dass Fühlen, Denken, Verhalten, Entscheidungen auf der Basis beobachteter Vorgänge im Hirn vorhersagbar wären. In Bezug auf eventuelle Konsequenzen aus den Fortschritten der Neurowissenschaften für das Strafrecht würde dies bedeuten, dass der Hirnzustand, der unmittelbar vor einer Straftat bestand, rekonstruierbar wäre und die Entscheidung zur Tat als durch diesen Hirnzustand determiniert erklärt wäre. Da die Forschung hiervon noch weit entfernt ist, liegt kein Grund vor, über eine grundsätzliche Revision unserer Alltagsauffassung von Schuld und Verantwortung sowie des strafrechtlichen Schuldbegriffs nachzudenken….“
Ergänzende LINKS:
Gerhard Roth, Wir sind determiniert. Die Hirnforschung befreit von Illusionen.
Wolf Singer, Das Gehirn – determinierte Freiheit
Interview in der ZEIT mit Prinz und Singer: „Wer deutet das Denken?“
Telepolis: Fabian Kröger, Nicht der Mensch mordet, sondern sein Gehirn
Schmidt-Salomon, Können wir wollen, was wir wollen? (Unzeitgemäßes zur Theorie der Willensfreiheit)
Peter Kügler, Quantentheorie, Bewußtsein und Willensfreiheit Wenn alle Prozesse, die im Gehirn ablaufen, ausnahmslos vorherbestimmt sind, dann gibt es für den freien Willen des Menschen keinen Platz mehr. Sowohl Quantenphysik als auch Chaostheorie versuchen deshalb, die strenge Kausalität der Gehirnprozesse dadurch zu umgehen, indem sie das Element des Zufalls ins Spiel bringen. Doch auch dann, wenn etwa die Quantentheorie recht hätte, wäre dies noch keine Erklärung für Freiheit und Selbstbestimmung, denn eine bewußte Entscheidung geschieht ja nicht nur per Zufall, sondern immer auch mit Notwendigkeit.
Harry Krämer. Die Illusion Willensfreiheit. Der heilsame Verzicht auf Gläubigkeiten. Gastbeitrag bei http://www.dittmar-online.net
Schopenhauers Definition des Begriffs Freiheit
Nida-Rümelin + Singer, Gespräch im Frankfurter-Rundschau-Magazin: „Ist der freie Wille bloß eine Illusion?
Video der ZDF-Sendung „Neues von der Seele“ Wie macht man heute Bekanntschaft mit seiner Seele? Haben Poeten vielleicht einen besonderen Zugang? Über diese Fragen diskutieren die Gastgeber Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit dem Dichter und Büchner-Preisträger Durs Grünbein und dem Philosophen und Schriftsteller Peter Bieri in der Ausgabe des „Philosophischen Quartetts“.
Zitate zu „Determinismus und ‚Freier Wille'“ (Demokrit, Laplace, Nietzsche, Schrödinger, Camus, Dawkins, Singer, …)