In der Pressemitteilung von Daimler gestern Abend wurde bestätigt, dass der Vorstand Gespräche mit Cerberus Capital Management über die Abgabe des 19,9 Prozent-Anteils an der Chrysler Holding LLC führe. Eigentlich eine normale Nachricht aus einem normalen Wirtschaftsleben. Wenn es denn heut zu Tage auch normal wär. Nichts ist normal.
Was mir dabei durch den Kopf gegangen ist, sind die vielen Beratungen und Untersuchungen durch teuere Consulting-Firmen, in deren Folge eine Umstrukturierung nach der anderen die Belegschaft von Daimler getroffen hat. Interessanter Weise hat sich in den letzten Jahren durch diese Beratungen die Qualität der Produkte verschlechtert – wo gegen die Daimler-Führung nach eigenen öffentlichen Aussagen fleißig kämpft – die Qualitätsführerschaft zurückerobern möchte. Ein zweites Problem ist die Identifikation der Mitarbeiter mit Daimler. Früher undenkbar, dass ein Meister aus der Produktion Daimler kritisieren würde, ist heute auf der Tagesordnung. Dementsprechend ist auch das Engagement während der Produktion erheblich auf die Position von „Dienst nach Vorschrift“ zurückgegangen.
Und Vorschriften wird es bei Daimler nach den unzähligen Beratungen in tausenden Ordner geben. D. h. nichts anderes, als das auch Daimler sich wie eine öffentliche Behörde vom alten Schlag verhält: Eine neue Massnahme, eine neue Hoffnung. Während dessen verlieren die Mitarbeiter Kontakt zum Produkt, weil sie für Produkte arbeiten – also nur Baugruppen für verschiedene Produkte entwickeln, beispielsweise. Das Endprodukt kennen sie nicht mehr. Die Liebe dazu dürfen sie nicht mehr haben. Corporate Identity (CI, auch Unternehmensidentität) ade. Was bei Daimler gebraucht wird, ist ein Coach, der mit Systemproblemen wie etwa Kommunikationsstörungen, Entfremdung, Dissoziation, Spaltungstendenzen und Selbstbetrug umgehen kann. Daimler muss auf den Realitätsboden wieder zurück – auch da sind Sterne zu finden.