Es hungern auf der Welt 923.000.000 Menschen. Wenn man eine Zahl mit vielen Nullen aufschreiben kann, dann ist der Inhalt hinter der Zahl nicht mehr so bedrohlich.
Fast eine Milliarde Menschen hungert
Die Lebensmittelpreise explodieren, die Zahl der Hungernden steigt. Zurzeit leiden mehr als 900 Millionen Menschen unter Hungersnot. Die Welthungerhilfe spricht von einer „alarmierenden Situation“ und fordert ein Rettungspaket gegen die Armut.
Man kann getrost feststellen, dass Reichtum, Millionen hohe Gehälter, Boni usw. dann gerechtfertigt sind, wenn weltweit niemand hungern muss – dann haben die Leistungsträger wirklich was geschafft und dürfen belohnt werden.
Bislang haben sie aber aus der Weltwirtschaft einen Fass ohne Boden geschaffen – durch Korruption, Gier, Lobbyismus den Boden für Zuflüsse in eigene Tasche angebohrt. Und die Regierungen motivieren Steuerzahler dazu, oben in das Fass nachzuschütten.„Partylaune vorbei“
Der DAX schwächelt schon wieder. Kaum zeigen sich die Parteien im Bundestag bereit, das Rettungspaket mitzutragen, schon rauscht der Kurs unter die 5000er Marke. Ein Händler sagt, die „Partylaune ist vorbei“. Auch der Dow Jones stürzte ab.
Sogar in den Industrieländern bleibt für 9.000.000 Menschen der Hunger und auch der Hungertod übrig.
Der UN-Sonderbeauftragte Ziegler ist sicher, dass schon jetzt die doppelte Weltbevölkerung ernährt werden könnte. „Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet: Es stirbt unnütz, denn es gibt keinen objektiven Mangel.“
Rechnen wir weiter nach:
Rettungspakete der Industrieländer der letzten Wochen für die Bankenwelt 1.500.000.000.000 = 1,5 Billionen EURO
das wären 4,484 EURO pro hungernden Menschen weltweit pro Tag, d. h. 20 kg wertvollen, leicht verdaulicher Eiweiß im Jahr für jeden von den 923.000 Millionen die jetzt hungern müssen.
Bedeutet nicht nur Humanität, sondern Steigerung von Immunität gegen Krankheiten, damit Unterstützung bei Krankheitsbekämpfung weltweit und Hilfe für jeden Betroffenen, um sich wieder selbst zu helfen zu können. Nach einem Jahr wären diese Patienten der Welt dafür kräftig genug.
Oder soziale Sicherung im eigenem Land. Ist es eventuell wichtiger, als die Banken zu sichern, die sich eigentlich immer schon selbst regulieren konnten. Mit dem gerade aufgelegten Rettungspaket der Bundesregierung von 500 Milliarden EURO könnten wir 7,8 Jahre lang jedem der 80.000.000 Bundesbürger ein garantiertes bedingungsloses Grundeinkommen von 800,00 EURO pro Monat zahlen. Damit wären alle am besten für jede Krise gewappnet und das Geld wäre ohne Gefahr von Spekulation und Selbstbereicherung von Einzelnen zum Wohl aller verwendet. Und es wäre eine Investition auf die Zukunft, ein Grundstein für Psychosoziale Gesundheit als Produktionsfaktor des nächsten Wachstumszyklus. Wenn dies nicht geschieht, dann ist wieder mal sichtbar geworden, wie kurzsichtig und fast blind die Politik ihren Weg unbeirrt weitergeht. Eigentlich ein Thema für die FDP – aber die rührt sich seltsamer Weise nicht, obwohl sie gerade jetzt eine ideale Situation vorfindet, um den wahren humanen Liberalismus dem Wähler vermitteln zu können. Hat die FDP vor ihren Wählern Angst und gibt dafür ihre Grundsätze auf. Bürgersinn könnte sie schon verfolgen…
oder wollen wir wirklich alle wichtigen sozialen Fragen dem demagogischen Populisten Oskar Lafontaine überlassen und mit ihm hinter einem Stacheldraht der verordneten Hilflosigkeit leben – das wäre das Ergebnis, wenn man der Linkspartei in schwierigen Zeiten auf den Leim ginge. Ist also auch da Vorsicht geboten und Demokraten aufgerufen, sich nicht um Lobbyisten sondern um Menschen und das Gemeinwesen zu kümmern.
Merkel: Größte Bewährungsprobe seit 20er Jahren
Tietmeyer verzichtet auf Beraterposten bei Merkel
Gerechtigkeitsdefizit
Das stimmt tatsächlich, größte Bewährungsprobe, aber wie sieht der Lösungsansatz aus? Multimilliarden Euro, einfach so locker über die Lippen ausgesprochen, …“der Staat ist die einzige Institution, die Vertrauen zwischen den Banken wieder herstellen kann“…, angemessene Vergütung für Manager usw., als ob die heiße Luft im Geldsystem nur durch Managergehälter rein gekommen wäre. Kreditvergabe des Staates an Bedingungen geknüpft, OK, anders geht es bei anderen Krediten auch nicht. Aber welche Bedingungen erfüllen die Politiker, die regierend die Bedingungen für die Geldabwertung begünstigen oder sogar schaffen? Das Rettungspaket dient vor allem den Banken, vielleicht dazu, dass sie durch die an Kredite geknüpfte Bedingungen abgeschreckt werden und sofern sie es können, selber schaffen. Der Steuerzahler kann nicht in die Mithaftung für verzockte Banken hineingetrieben werden – solange das Geld und Spekulationen nicht mit Werten wie Gold u.ä. unterlegt sind, gibt es keine Vertrauensbasis. Nur die Übereinkunft. Und die ist veränderlich. Je nach Laune der Regierung. Und ein starkes Europa? Ist es den Amerikanern recht? Probleme über Probleme, über die lieber nicht geredet wird. Dann lieber über Gehälter, von Managern, von Ärzten, überall, wo sich Neid ausschlachten lässt. Wir brauchen trotzdem eine starke Europäische Union. Gerade jetzt ist es deutlich geworden. Aber nicht mit den alten Fehlern der Mitgliedsstaaten. Der Krieg von Dollar gegen Euro nimmt an Fahrt auf. Das ist der wahre Hintergrund der Finanz- und Bankenkrise.
Warum, frage ich mich, geht die Politik nie den geraden Weg mit ihren Bürgern, sondern immer den verschlungenen Pfaden hinter den Lobbyisten nach. Ich glaube nicht, dass diese Rettungspakete überhaupt notwendig gewesen sind. Jeder Süchtige kann Vertrauen nur erzeugen und gewinnen, wenn er bei sich selbst beginnt. Das gilt auch für die Banken. Die Politik hat sich mal wieder zu Versorgung von Versorgten verleiten und sich mit dem Szenario von Dominoeffekt erpressen lassen. Das wird erst dann deutlich, wenn die Rettungspakete nicht geholfen haben. Spätestens bei der realen Wirtschaft, der Industrie angekommen, wird diese Krise stabile und gesunde Bürger brauchen. Dafür hat die Politik nicht gesorgt und sich dermaßen verschuldet, dass sie es auch dann nicht mehr kann, wenn es gebraucht werden sollte. Nicht einmal für eine hilfreiche Gesundheitsreform reicht es nicht. Bildung? Fragezeichen. Fragezeichen überall, Lösungen mangelhaft. Es sind gigantische Schulden, die wir als Staat haben – bereits ohne die Rettungspakete.
USA: Defizit fast verdreifacht – Notenbank befürchtet Rezession
In den USA trifft die Finanzkrise Haushalt und Wirtschaft mit aller Wucht. Das Land machte in den vergangenen zwölf Monaten 455 Milliarden Dollar Schulden – so viel wie noch nie. Regionale Notenbanker befürchten eine Rezession.
Herbstgutachten: Krise beutelt Deutschland hart
Wirtschaftsexperten legen Herbstgutachten vor
Konjunktur auf der Kippe
Der tiefe Absturz ist immer noch möglich
Die Stimmung an der Börse brachte Howard Simons von Bianco Research auf den Punkt: „We haven’t really solved anything“. „Wir haben in Wahrheit gar nichts gelöst“, sind also seine ernüchternden Worte. Wobei er da gar nicht so Unrecht hat. Da derzeit Intelligenz für die Änderung der Regeln und Systeme gefordert ist. Geld allein wird es nicht richten. So gab der Dow -0,82 % (9.311), der Nasdaq -4,55 % (1.365) und der marktbreite S&P 500 -0,54 % (998) nach.
Obwohl sich die Bundesländer bei der Unterstützung der Bundesregierung in Sachen Rettungspaket distanzieren wollte man sich am Frankfurter Parkett die gute Stimmung nicht nehmen lassen. Der Dax stieg um +2,70 % (5.199), der Tec Dax um +0,22 % (585,97) und der C Dax um +2,65 % (455,45) an.
In Japan glauben die Marktteilnehmer inzwischen, dass die Rettungspakete wohl ihre Wirkung zur Stabilisierung des Finanzsektors nicht verfehlen werden. Dafür schiebt sich die Sorge vor einer wirtschaftlichen Abschwächung in den Vordergrund. So kam es heute Morgen nach der gestrigen Kursexplosion erst einmal zu Gewinnmitnahmen. Der Nikkei gab um -1,58 % auf 9.299 Punkte nach.
Japanische Aktienfonds brachen im September um 6,8 Bill. Yen ein.. Das Nettovermögen der veröffentlichten Aktienfonds hat sich laut Zahlen der Investment Trust Association Japan um die Rekordsumme von 6,8 Billionen Yen oder -11,5 % reduziert. 150 Mrd. Yen sind unterm Strich aus den Fonds abgeflossen. (Nikkei net interactive)
Keine gute Zeit für Fonds. Andererseits gilt die alte Regel, dass derjenige der nicht verkauft auch keine Verluste realisieren muss. Das Problem bei Aktienfonds ist nur die mangelnde Transparenz. Wissen Sie etwa, was ihr Fondsmanager so alles treibt? Ob der das Depot zum Gebührennutzen der Muttergesellschaft nutzloserweise ein paar Mal umschlägt? Auch, wenn alle Banken davon abraten. Ein eigenes Aktiendepot von 8 bis 10 guten Werten ist mehr wert als jeder Fonds. Das jedenfalls ist meine Meinung. Denn diese Werte kann man auch verfolgen. Und man weiß, was man hat.
Zwar geht die Krise von Amerika aus und sicherlich ist die größte Volkswirtschaft der Welt besonders von der Wirtschaftskrise betroffen. Allerdings ist schon seit einiger Zeit klar, dass sich die europäischen Volkswirtschaften von der Krise betroffen sein werden. Und auch Asien. Aber der Nukleus in Asien ist China. Und dort sieht die Welt deutlich besser aus. Ich sage Ihnen auch warum.
Im Gegensatz zu den USA, die finanz- und geldpolitisch kaum noch Handelsspielräume haben, sieht das in China ganz anders aus. So beginnen die Chinesen bereits mit Steuersubventionen ihre Bürger zum Immobilienkauf zu animieren. Außerdem wurde die Einkommenssteuer auf Dividendenerträge abgeschafft. Und man kann es sich leisten, denn der Schuldenstand liegt bei rund 18% der jährlichen Wirtschaftsleistung. Deutschland hingegen ist mit knapp 65% des BIPs verschuldet, was übrigens über den Vorgaben des Maastricht Vertrages liegt und wenn wir das jüngste Paket zur Rettung der US-Finanzwelt mitzählen, kommt die USA meinen Schätzungen nach auf knapp 100%. China hat also deutlich mehr Handlungsspielräume als andere Nationen – von Seiten der Fiskalpolitik. Auch geldpolitisch hat China mehr zu bieten. Die Berge an Devisen, vor allem US-Dollar, haben dazu geführt, dass die Liquiditätsschrauben sehr eng gezogen sind. Die Mindestreservesätze bei den Geschäftsbanken liegen im Durchschnitt bei mehr als 13%. Auch hier lockert China die Schrauben. Für die „großen“ Geschäftsbanken wurde die Mindestreserve um 0,5%, bei den mittleren und kleinen Banken sogar um 1% gesenkt. China geht also die Kreditkrise aktiv an und hat – im Unterschied zu den USA – noch viele Handlungsspielräume. Dies sollte in jedem Fall die chinesische Binnenkonjunktur stützen aber auch die Weltwirtschaft vor Schlimmen bewahren.
Jim Rogers, US-Investment-Teilnehmer gestern in Frankfurt bei der Deutschen Börse mit „The world as I see it.“
…Grundsätzlich glaubt Rogers aber, dass wir den Boden am Aktienmarkt noch nicht gesehen haben. „Vielleicht war es in der vergangenen Woche ein Tiefpunkt, aber es war ganz bestimmt noch nicht der endgültige Tiefpunkt.“…
….Die staatlichen Rettungspakete sieht Rogers äußerst kritisch. „Das ist in der Vergangenheit noch nie gut gegangen. Ich vertraue da eher auf die Selbstreinigungskräfte des Marktes.“ Das führt nach Worten von Rogers zwar zu einigen harten Jahren in den betroffenen Ländern, aber dann sei der Boden für einen nachhaltigen Aufschwung bereitet. Die Beispiele für die staatlichen Eingriffe hingegen seien durch die Bank negativ. So verwies er auf Japan. Dort gab es nach der Krise in den 1990ern jahrelang eine Reihe von so genannten „Zombiebanken“. Diese Institute wurden lange Zeit nur durch die staatliche Hilfe tatsächlich am Leben gelassen. Die Folgen sind bis heute zu spüren, denn der japanische Aktienmarkt notiert immer noch rund 70% unterhalb des Allzeithochs. Vielleicht steht uns ja so etwas in den USA oder anderen Ländern auch noch bevor. Außerdem hält Rogers den Einsatz von Steuergeldern für falsch. „Das liegt aber hauptsächlich daran, dass ich ein US-Steuerzahler bin.“ Und das obwohl er sich schon seit längeren in Asien niedergelassen hat….
Mit dem Ausdruck Welthunger wird die Situation beschrieben, dass Hunderte Millionen Menschen auf dieser Erde hungern, obwohl genug Nahrung für alle vorhanden ist. Die Zahl der hungernden Menschen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, steigt jedoch langsamer als die Bevölkerung an: 1990 waren es ca. 822 Millionen, im Jahr 2007 ca. 923 Millionen Menschen. Das ist etwa jeder siebte Mensch auf der Erde. Jedes Jahr sterben etwa 8,8 Millionen Menschen an Hunger, über 24.000 am Tag, also etwa 17 Menschen pro Minute, oder alle 3 Sekunden einer, hauptsächlich Kinder (Stand 2007). Die meisten Hungernden leben in Asien und der Pazifikregion (524 Millionen), gefolgt von Afrika südlich der Sahara (206 Millionen). Auch in Lateinamerika (52 Millionen), dem Nahen Osten (38 Millionen) und vielen osteuropäischen Ländern ist Hunger ein Problem. Die meisten Hungernden leben in Entwicklungsländern (820 Millionen). Aber auch in den Schwellenländern (hauptsächlich der Gemeinschaft unabhängiger Staaten) (25 Millionen) und den Industrieländern (9 Millionen) gibt es Hungernde.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz am 15. Oktober 2008 vor dem Deutschen Bundestag:
Datum: 15.10.2008 11:57
Redner: BM Peer Steinbrück
Veranstaltungsort: Berlin
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch ich möchte mit einem Dank an alle Fraktionen dafür beginnen, dass wir dieses Gesetz zur Stabilisierung der Finanzmärkte quasi in einem Sprint auf den Weg bringen können. Ich weiß, das ist eine Zumutung; aber in ungewöhnlichen Zeiten, in denen wir sind, und bei dem Problemdruck, unter dem wir stehen, sind ungewöhnliche Verfahren erforderlich.
Ich möchte meinen Respekt äußern und betonen, dass diese Bereitschaft aller Fraktionen, wie ich finde, schon Ausdruck eines gemeinsamen Verantwortungsbewusstseins der Politik ist und in der Tat die Handlungsfähigkeit demokratischer Institutionen in diesem Lande bestätigt und die demokratischen Institutionen wieder aufwertet.
Dasselbe gilt übrigens auch mit Blick auf die häufig gescholtene mangelhafte Handlungsfähigkeit und Zeitökonomie Europas. Auch hier machen wir die Erfahrung, dass sich Europa in einer solchen Krise doch als sehr viel handlungsfähiger und entscheidungsfähiger erweist, als wir das je angenommen haben.
Ich stehe nicht an, zu sagen, dass wir es mit einer der gefährlichsten Krisen oder der gefährlichsten Krise auf den Weltfinanzmärkten seit 80 Jahren zu tun haben. Es geht daher um Gefahrenabwehr, es geht darum, Schaden von unserem Lande abzuwehren.
Herr Westerwelle, in diesem Zusammenhang wäre ich sehr vorsichtig, mit Begriffen wie Notverordnung auf eine unsägliche historische Epoche anzuspielen,weil Sie definitiv falsche Assoziationen wecken könnten; denn in der Zeit von 1930 bis 1933 haben diese Notverordnungen zu nichts anderem als der Ausschaltung des Parlaments gedient. Darüber reden wir heute definitiv nicht.
Ich will sofort zur Sache kommen. Es geht nicht darum – das sage ich vor allen Dingen allen Bürgerinnen und Bürgern, die uns zuhören oder zuschauen können -, dass es Gratifikationen für den Bankensektor geben soll oder dass Bankmanager vor dem Ruin bewahrt werden sollen, sondern es geht in Deutschland und anderswo um stabile, funktionierende Finanzmärkte.
Diese stabilen und funktionsfähigen Finanzmärkte gehören nicht den Banken; sie gehören auch nicht den Bankern. Sie sind vielmehr, um ein Stichwort von Herrn Röttgen aus der letzten Debatte aufzugreifen, ein öffentliches Gut. Sie sind unverzichtbar. Sie sind unverzichtbar für jeden Handwerker, der einen Betriebsmittelkredit haben möchte, sie sind unverzichtbar für jedes große Unternehmen, das arbeitsplatzerhaltende oder arbeitsplatzerweiternde Investitionen vornehmen möchte, sie sind unverzichtbar für jede Kommune, wenn sie Kassenkredite braucht, sie sind unverzichtbar für Infrastrukturfinanzierungen in Deutschland, sie sind unverzichtbar für alle Menschen, die für das Alter sparen und damit ein auskömmliches Einkommen im Alter haben möchten, sie sind unverzichtbar für alle Sparerinnen und Sparer in Deutschland, die einen wettbewerbsfähigen Finanzsektor brauchen, auch um die günstigsten Konditionen zu bekommen.
Das ist der Charakter dieses öffentlichen Gutes, um den es geht.
Man muss mit Bildern und Begriffen, wie ich selber gerade kritisch angemerkt habe, vorsichtig sein. Aber ich scheue mich nicht, zu sagen, dass es Momente gegeben hat, in denen wir international mit Blick auf die eskalierende Finanzmarktkrise in den Abgrund geschaut haben.
Bei der Betrachtung und Bewertung bitte ich nachzuvollziehen, dass es nach Wahrnehmung aller Fachleute, auch derjenigen, die ich am letzten Wochenende in Washington gesprochen habe, eine Wasserscheide gibt, die sich danach definiert, was vor und was nach der Insolvenz von Lehman Brothers passiert ist.
Dies begründet auch manche Einlassungen, Herr Westerwelle, die in den Zeiten davor gemacht worden sind. Man kann im Rückblick nicht ganz unberücksichtigt lassen, welche Zeitläufe es seitdem gegeben hat. Sie verändern Einschätzungen; das gilt für mich und für viele andere auch.
Wir haben insbesondere bei dem Gespräch mit Finanzmarktakteuren in Deutschland am Montagabend bei der Bundeskanzlerin noch einmal von vielen die Einschätzung gehört, dass die Insolvenz von Lehman Brothers so etwas wie ein GAU gewesen ist, weil darüber eine Erschütterungsdynamik ausgelöst worden ist, die Effekte auch in Europa gehabt hat. Bei diesem Unternehmen mit einer Bilanzsumme von 800 Milliarden waren ungefähr 400 Milliarden, also die Hälfte, Europa zugeordnet.
Darüber ist fast in einer Art Dominoeffekt unter anderen auch die Hypo Real Estate Bank zum Einsturz oder jedenfalls in eine sehr schwierige Lage gebracht worden.
Der Staat musste in dieser Situation handeln; auch die Staatengemeinschaft musste in dieser Situation handeln. Wenn es auf den Weltfinanzmärkten brennt, meine Damen und Herren, dann muss gelöscht werden, auch wenn es sich um Brandstiftung handelt. Anschließend müssen die Brandstifter aber daran gehindert werden, so etwas wieder zu tun.
Die Brandbeschleuniger müssen verboten werden, und es muss für einen besseren Brandschutz gesorgt werden. Das heißt, wir reden auf der einen Seite über eine systemische Antwort auf die derzeitige Krise – das ist das aktuelle Krisenmanagement – und auf der anderen Seite darüber, dass wir parallel dazu Vorsorge treffen müssen, damit sich eine solche Finanzmarktkrise, jedenfalls nicht in dieser Dimension und Tiefenschärfe, wiederholt. Danach handeln wir.
Die Bundesregierung kann für sich in Anspruch nehmen, dass Deutschland dieses Thema der Krisenprävention als einer der ersten G-7-Staaten und als eines der ersten Länder in der Euro-Gruppe und im Ecofin aufgegriffen hat. Ich will nicht alles im Einzelnen wiederholen; aber ich erinnere daran, dass es diese Bundesregierung während ihrer G-7-Präsidentschaft gewesen ist, die im Oktober des Jahres 2007 das Financial Stability Forum nicht nur um eine Analyse, sondern um konkrete Vorschläge gebeten hat, und dass diese Vorschläge in Sitzungen im April verabschiedet worden sind.
Die Beschlüsse reichten bis hin zu einer Ecofin-Roadmap und werden in einem Hunderttageprogramm umgesetzt. Dies schließt nicht aus, dass noch mehr hinzukommen muss, unter anderem auch von mir in Vorbereitung der letzten G-7-Konferenz in acht Punkten formuliert, in denen auch die Fragen enthalten sind, ob wir nicht zu einem Verbot von Leerverkäufen kommen müssen und ob es nicht auf Dauer verboten werden sollte, dass Bankinstitute anderen Finanzdienstleistern Kreditrisiken einfach zu 100 Prozent in Form von Derivaten weiterreichen können.
Ich will aus Zeitgründen auf die anderen Maßnahmen nicht eingehen, sondern nur darauf hinweisen, dass die Maßnahmen dieses Gesetzes zur Finanzmarktstabilität, wie die Kanzlerin ausgeführt hat, international weit abgestimmt sind. Weltweit werden die notwendigen Maßnahmen getroffen, um die Stabilität und die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems zu gewährleisten. Vielleicht müsste man erst einmal sagen: wiederherzustellen, was verloren gegangen ist.
Aus den Gesprächen, die wir Anfang der Woche bei der Bundeskanzlerin sowohl mit den Finanzmarktakteuren in Deutschland als auch mit den Vertretern der sogenannten Realwirtschaft geführt haben, habe ich eine eindeutige Bestätigung dafür bekommen, dass es jetzt Zeit zum Handeln war, und zwar nicht im Sinne einer Von-Fall-zu-Fall-Regelung – IKB, Landesbanken, Hypo Real Estate -, sondern im Sinne einer systemischen Antwort auch für die Bundesrepublik Deutschland. Dies haben wir getan, und das wird breit anerkannt.
Meine Damen und Herren, von unserem Paket profitieren alle Geldinstitute und Versicherungen in Deutschland, die sich unter den Schutzschirm der neuen staatlichen Garantien stellen wollen. Aber dies erfolgt unter sehr strengen Bedingungen. Leistung – Gegenleistung, wie die Kanzlerin gesagt hat, ist das Prinzip, nach dem wir handeln.
Wer sich unter diesen Schirm stellt, wer die Garantien, die Leistungen dieses Sondervermögens, staatliche Hilfe und damit möglicherweise auch Steuergelder, in Anspruch nehmen möchte, muss dafür eine ganze Reihe von Gegenleistungen erbringen und eine Reihe von Bedingungen erfüllen.
Erster Punkt: Als Gegenleistung erhält der Staat in dem Augenblick, in dem er Unternehmen und Finanzdienstleister in Deutschland rekapitalisiert, Aktien, Vorzugsaktien, stille Einlagen oder Beteiligungen. Er kauft sich also ein. Dadurch erwirbt er Rechte und die Option, diese Beteiligungen später mit der Aussicht zu veräußern, darüber möglicherweise ein Einkommen zu erzielen, das mögliche Verluste abdeckt.
Dies ist im Fall von Schweden gelungen. Die Schweden haben eine ganz ähnliche Lösung, fast eine Art Blaupause für das geliefert, was wir heute beraten, und damit waren sie durchaus erfolgreich. Der schwedische Zentralbankgouverneur hat mir am Wochenende gesagt, dass nach Liquidation der Assets, die der Staat übernommen hat, eine schwarze Null herausgekommen ist. Das heißt, es besteht kein Automatismus, dass Steuergelder in Anspruch genommen werden. Aber die Ehrlichkeit gebietet es, darauf hinzuweisen, dass dies auch nicht auszuschließen ist.
Zweiter Punkt: Der Staat wird für diese Garantien Gebühren erheben. Er wird auch das Recht bekommen, auf die Geschäftspolitik Einfluss zu nehmen, und zwar insbesondere mit Blick darauf, dass die geförderten Banken nicht über eine Bilanzverkürzung ihre Kredittätigkeit gegenüber dem Mittelstand in Deutschland reduzieren. Dies ist nicht die Absicht, die wir mit diesen Förderleistungen verbinden.
Es geht auch um die Frage, ob bei dieser Gelegenheit nicht das in Gang gesetzt wird, was bisher der Bankenaufsicht in Deutschland definitiv nicht möglich war, nämlich die Überprüfung von Geschäftsmodellen, weil dies der Kreditsektor verweigert hat. Dies geschah übrigens auch bei manchen gesetzlichen Initiativen aus diesem Haus – sie wurden anschließend von den interessierten Verbänden so attackiert, dass es nicht zur Beschlusslage gekommen ist -, die unter anderem die Zuständigkeit der deutschen Bankenaufsicht zum Inhalt hatten, die Geschäftsmodelle zu überprüfen.
Manche Kritik, die Sie an der Bankenaufsicht geäußert haben, richtet sich, wie ich glaube, an die falsche Adresse. Leider hat die Bankenaufsicht bisher nicht die Zuständigkeit, Geschäftsmodelle zu überprüfen. Die entscheidende Frage ist, ob bei dieser Gelegenheit, wenn Unternehmen und Finanzdienstleister diese Abschirmung in Anspruch nehmen, das Institut, das als Teil der Bankenaufsicht das Sondervermögen verwalten soll, nicht auch in den Stand versetzt wird, die Geschäftsmodelle zu überprüfen.
Es geht aber um mehr als das. Es geht um weitere Bedingungen, die sich darauf erstrecken, dass sich mit dieser Leistung des Staates zum Beispiel ein Verbot von Abfindungen, Bonuszahlungen und auch von Dividendenausschüttungen verbinden.
Ich will bei dieser Gelegenheit aus aktienrechtlichen Gründen keinen Irrtum aufkommen lassen. Das Verbot von Dividendenausschüttungen muss sich damit verbinden, dass es über die Spielräume, die die Dividendenausschüttungen sonst hergeben, zu einer Stärkung der Eigenkapitalbasis der Unternehmen kommt. Das ist ein entscheidender Punkt.
Ich will im Einzelnen nicht erneut die Maßnahmen auflisten, sondern darauf hinweisen, dass wir es im Wesentlichen mit vier entscheidenden Aktivitäten zu tun haben. Herr Westerwelle hat recht:
Außerhalb dieses Paketes hat das Thema Bilanzierungsregelungen Priorität, Bilanzierungsregelungen, die nicht prozyklisch wirken und die die Unternehmen in der derzeitigen Situation nicht noch weiter unter Wasser ziehen, als bisher geschehen. Wir sind mit Blick auf dieses Thema – es erstreckt sich auf den Aspekt der Bewertungsmethoden und darauf, dass man zu einer größeren Flexibilisierung in der Bilanzierung zwischen dem Bankenbuch und dem Handelsbuch kommen muss – auf einem sehr guten Weg.
Ich glaube, wir werden Ende dieser Woche konstatieren können, dass in internationaler Abstimmung die deutschen Kreditinstitute und darüber hinaus einige Unternehmen in der Realwirtschaft, die Derivate in ihren Bilanzen haben, in den Stand gesetzt werden, in dieser erweiterten Interpretation der Bilanzierungsregelungen das dritte Quartal bilanzieren zu können. Das ist von enormer Bedeutung. Dies wird häufig unterschätzt, weil es sehr technokratisch anmutet; da gebe ich Ihnen völlig recht.
Aber auch in den Gesprächen, die wir seitens der Bundesregierung mit vielen Vertretern geführt haben, und zwar sowohl aus der Realwirtschaft wie auch aus der Kreditwirtschaft, wurde deutlich, dass dies von außerordentlicher Bedeutung ist.
Der erste Punkt im Rahmen dieses Paketes – untechnisch und, ich hoffe, verständlich und umgangssprachlich dargestellt – ist die Beseitigung einer Liquiditätsenge. Wir haben es im Augenblick damit zu tun, dass sich der Bankensektor untereinander nicht mehr vertraut. Diejenigen, die Liquidität haben, sitzen auf dieser Liquidität und reichen sie nicht aus an diejenigen, die sie dringend brauchen, die am Verdursten sind, weil sie befürchten, dass sie das ausgeliehene Kapital – möglicherweise schon in Tagesfrist oder in Wochenfrist – nicht zurückbekommen.
Wir haben es mit dem fast perversen Zustand zu tun, dass diejenigen, die Liquidität haben, sie im Augenblick nicht ausleihen an andere Kreditinstitute, sondern zum Zentralbanksystem bringen, und zwar zu Zinskonditionen, die sie früher sofort abgelehnt haben: 2 Prozent. Der Zentralbanksektor befindet sich in der Situation, dass er vor dem Hintergrund des enormen Durstes nach Liquidität diese Liquidität weiterreichen kann – teilweise zu 10 oder 11 Prozent – an diejenigen, die sie dringend brauchen.
Dies ist ein ungeheurer Missstand und führt dazu, dass darüber ein Bankensystem kollabieren kann. Deshalb ist es so wichtig, mit den 400 Milliarden Euro eine Garantie zu schaffen, die nicht haushaltswirksam ist, die aber zu verstehen gibt, dass man im Zweifelsfalle den Unternehmen eine Sicherheit bietet, die bereit sind, Liquidität auszureichen, weil sie wissen, dass in dem Augenblick, wo ihr Marktpartner ausfällt, diese Garantie gezogen werden kann. Darüber werden wir, wie ich erwarte, diese Liquiditätsenge beseitigen können.
Der zweite wichtige Punkt ist, dass wir es bei einigen Unternehmen in Deutschland nicht nur mit einem Liquiditätsengpass zu tun haben, sondern auch mit einem Insolvenzrisiko in Abhängigkeit von Eigenkapitalquoten, die gefährlich niedrig werden können. Deshalb ist dieser zweite Punkt, die Rekapitalisierung dieser Unternehmen in Deutschland, von entscheidender Bedeutung.
Welche Bedeutung das hat, können Sie gerade daran feststellen, dass der amerikanische Schirm von 700 Milliarden Dollar konzeptionell geändert wird. Er war bisher – nicht vergleichbar mit dem, was wir machen – ausschließlich darauf gerichtet, Problemaktiva aufzukaufen. Jetzt fängt man an, zu sagen: Das ist nicht das Hauptproblem; es ist übrigens sehr kompliziert, sehr gefährlich.
Jetzt wird vielmehr dazu übergegangen, mit einem Betrag von 250 Milliarden Dollar von diesen 700 Milliarden Dollar das zu tun, was in der zweiten Stufe bei uns unter der Überschrift einer Rekapitalisierung der Unternehmen Bedeutung hat. Fast bin ich bereit, abzuwarten, bis sie den ersten Schritt von uns auch nachvollziehen, mit Blick auf die Garantieposition, die wir einnehmen.
Erst in der Kaskade im dritten Effekt besteht der Spielraum, dass das Sondervermögen, dieser Finanzmarktstabilisierungsfonds, auch genutzt werden kann für den Aufkauf von illiquiden Assets, von Problemaktiva. Aber in der Tat – in der Bestätigung dessen, was die Kanzlerin gesagt hat -: Dies ist für uns von nachrangiger Bedeutung und verbindet sich mit einer ganzen Reihe von Problemen, die ich nicht in Abrede stellen möchte.
Dass es darüber hinaus mittelfristig auch darum geht, die Einlagensicherung und die nationale Aufsicht – ich füge hinzu: auch die europäische und internationale Aufsicht – zu verbessern, ist unabweisbar richtig. Ich bitte nur, gelegentlich zu registrieren, welche Fortschritte es schon gegeben hat. Warum soll sich die Politik unter Wert verkaufen mit Blick auf das, was uns schon gelungen ist? Wir müssen uns ja nicht immer nur defizitär darstellen.
Wir sind in Europa einen ganzen Schritt weiter mit Blick auf die Einführung von Gruppenaufsichten für grenzüberschreitende Tätigkeiten von Bankinstituten. Ich werde die französische EU-Präsidentschaft dabei unterstützen, dass dies auch im Versicherungsbereich eingeführt wird.
Wir sind einen ganzen Schritt weiter mit der Einführung von sogenannten Colleges of Supervisors auf der europäischen Ebene, und wir sind einen ganzen Schritt weiter mit Blick auf die Aufwertung des Internationalen Währungsfonds. Ich bin der Tat überzeugt, dass er zukünftig eine sehr viel stärkere Funktion haben könnte, wenn es darum geht, Verkehrsregeln im internationalen Finanzbereich zu verabreden – dazu muss er ein Mandat haben – und gleichzeitig diese Verkehrsregeln zu überwachen.
Das sagt sich relativ leicht. Wenn man ein Gespräch mit dem jetzigen Managing Director des IMF, mit Dominique Strauss-Kahn, hatte, dann weiß man, dass das auf eine Umorganisation des IMF hinausläuft, auf ein ganz anderes Personal, auch mit anderen Qualifikationen, auf die Änderung von Statuten und, wie ich glaube, letztlich auf die Mandatierung auf einer vertraglichen Basis, womit automatisch verbunden ist, dass souveräne Rechte an eine solche supranationale Einrichtung abgetreten werden müssen.
Derjenige übrigens, der dieses Thema im IMF als Erster angesprochen hat – das bitte ich als Kompliment zu verstehen -, war Bundespräsident Köhler in seiner damaligen Rolle als Managing Director des IMF. Diesen Weg fortzuschreiben, ist die wesentliche Herausforderung, vor der wir auf internationaler Ebene stehen. Die Kanzlerin wird dieses Thema in ihren Gesprächen aufgreifen, die für, glaube ich, November auf Ebene der G-7-Staats- und Regierungschefs geplant sind.
Ich will zum Schluss auf zwei Stichworte eingehen, die Herr Westerwelle angesprochen hat. Wir haben es inzwischen mit deutlichen Abwärtsrisiken bei der Konjunktur zu tun. Etwas anderes zu sagen, wäre Schönfärberei. Der erkennbare Abwärtstrend ist aber nicht allein durch die Finanzmarktkrise verursacht.
Wenn man mit Wirtschaftswissenschaftlern oder Analytikern spricht, erfährt man: Auch ohne die Finanzmarktkrise würde die Entwicklung in 2009 nicht mehr so schön sein, wie sie in den letzten Jahren gewesen ist, aber die Finanzmarktkrise wird diesen Trend verstärken.
In welchem Ausmaß, das wird Ihnen niemand sagen können, auch nicht Blick auf das, was wir als Stabilisierungspaket verabschieden werden. Warum? Ich kann Ihnen nicht sagen, in welchem Ausmaß die Garantien zu tatsächlichen Ausfällen führen, sondern ich kann nur darauf hinweisen, dass wir mit 5 Prozent eine Vorsorge für solche Ausfälle treffen. Ich halte diesen Prozentsatz vor dem Hintergrund der schwedischen Erfahrung für angemessen. Dort hat man ursprünglich 10 Prozent Ausfälle veranschlagt und nachher 0 Prozent festgestellt. Da liegen wir mit 5 Prozent, wie ich finde, in einer ziemlich pragmatisch begründbaren Mitte.
Dass die Realwirtschaft eingetrübt wird, hat eher etwas mit einer weltweiten Entwicklung zu tun. Das resultiert auch aus Effekten, die sehr viel zu tun haben mit der Energie- und Rohstoffpreisentwicklung, aber auch mit der Nahrungsmittelpreisentwicklung und einer ökonomischen Entwicklung in den USA, die immer weniger, aber immer noch auch die europäischen Partnerstaaten trifft.
Die sogenannte Entzerrungsthese oder Decoupling-These, die einige debattieren, nach der Europa sich zunehmend von dem abkoppeln kann, was in den USA passiert, vertrete ich nicht. Es gibt dynamische Weltregionen, die im Sinne einer Stabilisierung der weltwirtschaftlichen Entwicklung zunehmend substitutiv eine Rolle spielen. Aber machen wir uns nichts vor: Wir werden in eine sehr schwierige Zeit 2009 hineingehen.
Dies bedeutet für mich nicht die Aufgabe des Konsolidierungskurses, definitiv nicht.
Ich wäre nur nicht ehrlich zu Ihnen und zur Bevölkerung, wenn ich nicht sagte, dass im Lichte der konkreten Entwicklung des Jahres 2009 die Leitplanken auf der Zeitachse gegebenenfalls anders gesetzt werden müssen. Damit lade ich nicht zu Forderungen ein, sondern nur zu Realismus, nicht mehr und nicht weniger.
In dieser Situation ist die Bundesregierung gut beraten, als Antwort auf die erkennbare Entwicklung vier Dinge zu beachten: erstens keine Investitionskürzung, zweitens keine Kürzung von Sozialleistungen, drittens keine Mehrbelastung der Bevölkerung bei ausfallenden Einnahmen des Gesamtstaats. Viertens wird es darum gehen, eventuell über die KfW, über die Europäische Investitionsbank Förderprogramme sehr gezielt auszuweiten, größer zu dimensionieren, damit sie einen antizyklischen Effekt haben.
Im Übrigen erinnere ich daran, dass die Bundesregierung vor kurzem schon ein Paket verabschiedet hat. Die Elemente – sie sind von der Kanzlerin genannt worden – führen bei voller Jahreswirksamkeit zu einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in der Größenordnung von 14 bis 15 Milliarden Euro.
Ich glaube, dass sich über die Finanzmarktkrise – damit komme ich in die Schlusskurve – vieles verändern wird. Wir reden inzwischen über internationale Verkehrsregeln. Wir reden über ein neu ausbalanciertes Verhältnis von Staat und Markt. Ihre Einlassung, Herr Westerwelle, dass der Staat viel mehr Geld als der private Bereich hat,
konnte ich nicht so gut verstehen. Ich habe eher den Eindruck, dass die These von einer öffentlichen Armut nach wie vor jedenfalls nicht ganz falsch ist, wenn wir das mit der Vermögensbildung im privaten Bereich vergleichen.
Ich bin davon überzeugt, dass das richtig ist, was mein früherer italienischer Kollege Tommaso Padoa-Schioppa gesagt hat:
Es ist nicht der Kapitalismus oder die Marktwirtschaft, die zusammenbricht … Was einstürzt, ist die Illusion, dass eine Marktwirtschaft ohne Regeln funktionieren kann.
Es ist das Fehlurteil, dass die Finanzmärkte im Stande seien, sich selbst zu regulieren.
Wenn wir das lernen, dann könnte die soziale Marktwirtschaft aus dieser Krise umso chancenreicher und umso attraktiver hervorgehen.
Vielen Dank.