Die Aufregung über die Krise der Finanzmärkte ist angesichts der gigantischen Dimensionen mehr als berechtigt. Unterm Strich ist nichts da – nur Papiergeld. Und da muss man sich fragen, wo ist die Werthaltigkeit. Spätestens dann, wenn wir für Brot und Brötchen auch gigantische Preise zahlen müssen, werden wir uns es tagtäglich fragen. Zum G20-Gipfel scheint diese Frage in den zumindest öffentlich bekannten Vorbereitungen keine Rolle zu spielen. Die Priorität der Boni für Banker hat sich als publikumswirksame Beruhigungspille ganz oben auf die Tagesordnung in Pittsburgh gesetzt. Sicher nicht ganz unberechtigt, denn die bisherige uferlose und freiflottierende Praxis hat den Anreiz für die Investment-Banker geschaffen, das Finanzsystem als Dukaten-Esel zu betrachten und bislang konseqenzlos erlaubt, die Gier voll auf Kosten der Steurzahler und der Finanzstabilität der Staaten auszuleben.
Dabei geht es aber um eine Regel, die fehlt und nun in Pittsburgh mühsam nachgeholt wird. Viel wichtiger ist die Betrachtung des ganzen Finanzsystems – wie wird das Leben des Staates und des Einzelnen finanziert? Welche Werte werden produziert und welche Werte werden getauscht? Denn Geld ist ein Tauschmittel, eine Erleichterung des Tauschhandels. Weil es unhandlich und eine Belastung des Handels ist, immer genug Waren mit sich zu schleppen, um sie für andere Ware eintauschen zu können, hat man Geld als Tauschmittel (Gegenwert) erschaffen. Lange Zeit mit Goldparität, um den Wert stabil und für alle verbindlich nachvollziehen zu können. Seitdem die Goldparität abgeschafft worden ist und durch nichts ersetzt wurde, seit dem begannen die Probleme in der Finanzwelt zu schwellen und haben 2006 den Anlauf zu einem Flächenbrand genommen. Der kam nun 2008, und 2009 in voller Wucht, als an sich werthaltige Märkte wie Immobilienmarkt wie eine Blase platzte – und es sich heraustellte, dass keiner der gehandelten Werte drin waren. Bei einem Anlageprodukt, Immobilie, das bis dahin als einer der sichersten Anlagen überhaupt gegolten hat. Nun stimmte das auch nicht mehr, weil mehrfach überschuldet.
Nun die Hintergründe können wir ja alle bereits zu genüge, auch hier im Blog habe ich einiges drüber geschrieben und Informatives verlinkt.
Ich ertwarte von einem G20-Gipfel, also einem Zusammenkommen von den größten Verursachern und gleichzeitig Regulierern der Finanzkrise, dass sie nicht populistischen Themen je nach aktuellem Wahlkampf nachlaufen, sondern sich gründlich mit der Materie beschäftigen und grundsätzliche Systemstörungen beseitigen. Das Wort „systemrelevant“ wird gerne benutzt, wenn es darum geht, den einen oder anderen aus Steuern finanzierten Rettungspaket den Bürgern/Wählern schmackhaft zu machen. Systemrelevant wird verstanden als, anders gehe es nicht oder ohne wäre die Katastrophe nicht zu überleben. Die Rettungspakete sind für sich alleine genommen so systemrelevant wie wenn sie mit Bambussprossen einen Tsunami füttern wollten, damit der endlich Ruhe gibt.
Nein, ich erwarte, dass sich die Vertreter der G-20 darüber unterhalten, wie sie es hinbekommen, das Werthaltigkeit wieder nachhaltig werthaltig bleiben kann. Sich also über Werte unterhalten. Wenn die Credit-Default-Swaps und Derivate weltweit das 3-fache des weltweiten Bruttosozialprodukts ausmachen, dann sind sie wertlos, durch nichts gedeckt, nicht einmal durch die alltägliche Produktion und Konsum. Wetten haben nur dann einen Sinn, wenn sie a) ein Spiel sind, also das Leben an sich nicht bedrohen und b) der Wettgewinn einen Wert hat. Bislang bekommt man einen wertlosen bedruckten Papier, das solange einen Wert hat, so lange alle sagen, es hat diesen Wert.
Es ist mutig, wenn Regierungen auf den Einschaltknopf der Gelddruckmaschine drucken und mit den produzierten Scheinen versuchen, einen Kreislauf am leben zu erhalten. Genauso mutig ist, wenn sie die Maschine auschalten und versuchen, durch definierte Geldmengen den Kreislauf dosiert gesunden lassen.
Aber solange sinnlose Wetten rund um den Globus als ernsthafte Investemntsgeschäfte verkauft und gehandelt werden, solange werden keine systemrelevante Maßnahmen greifen. Sie werden immer mit der Wertlosigkeit der gehandelten Derivate ausgehebelt.
Deshalb kann der G-20 Gipfel nur dann als erfolgreich angesehen werden, wenn danach gemeinsam weltweit alle Wetten auf den Handelsplätzen schichtweg ohne Ausnahme verboten werden. Eine Bank soll investieren, Geld und Vermögen Verwalten, sich um Kredite kümmern und Gewinne erwirtschaften, die mit der mittelständischen Wirtschaft vergleichbar sind und nicht um Geld spielen. Im Umkehrschluss müssen wir uns überlegen, ob die Regierungen nicht vor den Obersten Gerichten des jeweiligen Landes zu verklagen wären, wenn sie es weiter, also nach dem G-20-Gipfel zulassen, dass mit dem Volksvermögen von den Banken auf den Finanzmärkten gezockt wird. Wetten auf Produktion und Dienstleistungen (Handel, Gesundheitswesen usw.) werden abgeschlossen sowohl auf Erfolg wie Mißerfolg des wirtschaftlichen Bereichs. Damit werden Investitionsvolumina abgezogen und im Finanzfaß ein Loch im Boden gebohrt, durch das die heiße Luft der Derivate in die Entropie der Inflation entweicht. Geld muss den tauschbaren Gegenwert zurückbekommen. Im Moment verhalten sich alle wie bei „Des Kaisers neue Kleider.“
Credit-Default-Swaps. Kurz CDS
Die Summe aller CDS beträgt geschätzte 62 BILLIONEN Dollar. (Selbst die Banken wissen es nicht so richtig). Diese Summe entspricht ungefähr dem weltweiten jährlichen Bruttosozialprodukt.
Die Summe aller Derivate, die von amerikanischen Banken gehalten werden, beträgt etwa 180 BILLIONEN Dollar. Also ungefähr dem dreifachen des jährlichen weltweiten Bruttosozialproduktes. Die weltweite Summe von Derivaten liegt bei der 3-fachen Summe der amerikanischen Derivate! Also bei 540 BILLIONEN Dollar.
Diese Summen zeigen, unser weltweites Finanzsystem steht augenblicklich auf einem Kartenhaus, das kurz vor dem Zusammenbrechen ist. Hier sind Summen im Spiel, die durch nichts mehr gedeckt sind. Bei 6,7 Milliarden Menschen auf der Welt, sind das pro Kopf mehr als 80.697 Dollar. Und dieser Betrag liegt weit über dem durchschnittlichen weltweiten Jahreseinkommen.
„Es wird bei Worten bleiben“
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