Studenten prostestieren wieder. Es erinnert einen an 1968. Damals haben sich die Studenten dagegen gewehrt, in das Korsett aus der Vorkriegszeit und der Verwalter der Nachkriegszeit hinein gezwängt zu werden. Damals haben sie mit der jugendlichen Sensibilität gespürt, dass die Untertan-Strategien nicht zu einer entwicklungsfähigen Gesellschaft taugen und vor allem undemokratisch geblieben sind. Heute spüren sie mit der gleichen Sensibilität, dass sie wiedermal in ein Korsett, diesmal der beinahe technokratisch agierenden Landes-, Bundesregierung und der EU hinein gezwängt zu werden. Sie spüren, es werde von ihnen mehr Leistung in kürzerer Zeit abverlangt aber keine Aussichten aufgezeigt, wie damit eine kreative, sozial gerechte und innovative Gesellschaft entwickelt werden soll. Sie werden nicht ernst genommen. Nehmt sie ernst!
Heute ist wie 1968 das Hauptproblem die Verlogenheit und Konsequenzlosigkeit der Regierungen. Die Sonntagsreden über die Bedeutung von Bildung und Bildungswesen kann man ja auch nicht mehr hören. Die neuesten Nachrichten aus der Regierungskoalition zeigen, was als systemrelevant wirklich betrachtet wird. Es sind immer noch die Banken, deren unverantwortliches und das Gemeinwesen destruktiv belastendes Verhalten im Umgang mit Derivaten und anderen ruinösen Bankenprodukten, die gigantischen Verluste der Zockergemeinde mit Milliarden von Euro auf Kosten der Gemeinschaft sozialisiert werden. Unglaubwürdig. Inhaltslose Versprechen im Wahlkampf – wie oft.
Die Kluft zwischen den Regierungen und der Bevölkerung ist in Europa, in der EU viel zu groß geworden. Die Regierenden spüren zwar die Notwendigkeit zum Handeln, ihre Aktivitäten sind aber leider weit entfernt von der Realität der jungen Menschen des 21. Jahrhundert. Viel zu oft ist Hilflosigkeit der Entscheidungsträger zu spüren, weil sie aus der Falle der Verstrickungen mit den mitregierenden Lobbyisten wegen der „immer wieder Systemrelevanz“ nicht herauskommen. Im Bereich der sozialen Marktwirtschaft erleben nicht nur die Studenten das Verhalten von GM und die Reaktionen der Regierungen der EU als Schlag ins Gesicht.
Spätestens dann, wenn Geld gedruckt wird koste es was es wolle, damit alle Probleme irgendwie angepackt werden können, fragen sich junge Leute, was soll ich mit diesen Schulden anfangen, wenn ich das Glück haben sollte, einen Arbeitsplatz nach meinem Abschluss zu bekommmen. Und sie spüren deshalb, dass sie mit realitätsfremden und in Resignation treibenden Äußerungen der Regierungen kalt auf eine tickende Bombe der Zukunftlosigkeit abgestellt werden. Egal welche Regierung gerade im Amt ist, seit etwa 1980 beginnt die Entwicklung von Frust und Resignation der Bevölkerung, begleitet von einer stetigen Zunahme an Spaßangeboten in allen Medien. Brot und Spiele kommen da einem in den Sinn.
Die Studenten sind noch jung und frisch genug, um das wahrzunehmen, festzustellen, dass dies kein Weg sein kann und ihre Stimme gegen diese destruktive Entwicklung zu erheben. Zum Glück. Es ist nämlich die Generation, von der wir wie 1968 auch Innovationen zu erwarten haben, die uns in den nächsten Wachstumszyklus führen werden. Dagegen sind die Beschwörungen von Wachstum der Kanzlerin Frau Merkel und das angebrannte Wachstumsförderungsgesetz der „schwäbischen Hausfrau“ ein Hohn. Deshalb können wir der Jugend nur dankbar sein. Und wir müssen sie so ausbilden und sich bilden lassen können, dass sie in die Lage versetzt wird, Basisinnovationen für die Zukunft zu finden und zu entwickeln. Der Studentenprotest ist dafür schon mal ein guter Anfang, den technokratischen Tendenzen von Regierungen entgegen zu wirken. Lebendige Demokratie.
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