„Wir suchen niemals die Dinge, sondern das Suchen nach ihnen.“
(Blaise Pascal (1623-1662), französischer Mathematiker, Physiker, Literat und Philosoph)
Die Meldung über Überlebensprobleme in ökologischen Systemen durch Gefahren der giftigen Algen passt hervorragend in die Glitzerwelt von Sensationsnachrichten, die beim Publikum für eine kurze Zeit das Atmen ins stocken bringen. Die großen Dinos könnten von kleinen Algen vergiftet worden sein. Wie gruselig. Ob diese dritte Theorie stimmt oder nicht, eins steht fest: sie könnte stimmen. Das macht ihre schwergewichtige Bedeutung für unsere durch schwere Gifte und Massen von einfachen Giften belastete Umwelt aus. Ein See, in dem sich Algen vermehren kann die dadurch hervorgerufene Belastung des Sauerstoffmangels bis zum gewissen Grad kompensieren. Manchmal ziemlich lange. Aber dann kommt ein bestimmter Zeitpunkt wie ein Schnupfen und der See kippt um und ist tot. Atmet nicht mehr.
Und das ist an dieser Nachricht so bedeutsam, unabhängig davon, ob die Wissenschaftler Recht behalten oder eine vierte Theorie über das massenhafte Artensterben in der Dino-Zeit entwickelt wird. Wir leben mit diesem Zeitfaktor, den wir durchaus „Ökologischer Schnupfen“ nennen können, seit einigen Jahrzehnten schon. Unsere Umwelt kompensiert es als System mit Subsystemen mit laufenden Anpassungen. Wir wissen aber nicht, wann der Ökologische Schnupfen anfängt zu Husten, das ökologische System ohne weitere Korrekturmöglichkeiten aus dem Gleichgewicht gerät und der See unseres Lebensraums umkippt. Deshalb ist es mehr als unverständlich, dass sich alle Regierungen so viel Zeit lassen können, dass die Industrie Mehrkosten als Begründung für Verzörgerung von umweltschonenenden Maßnahmen erfolgreich durch Lobbyisten in Gesetze einfließen lassen kann.
Die Regierungen wissen es. Sie wissen, dass dieses Systemverhalten nicht nur für die Natursysteme gilt, sondern für alle Systeme, in denen wir leben, die wir errichtet haben, die sich entwickelt haben. Deshalb sind Koalitionsverhandlungen von der CDU/FDP/CSU nicht nur ein Geplänkel für die Bildzeitung und ähnliche Abbilder von Kurzweile, sondern diese Verhandlungen sollen eine Basis zum Regulieren der verschiedenen Systeme bilden, Systeme, die auch noch ineinander greifen.
Dabei ist völlig uninteressant, wie viel Gesicht die eine oder andere Partei am Ende bewahren kann – sie sind alle drei in den Wahlkampf ohne Berücksichtigung des Verhaltens der Systeme gegangen. Jetzt bedenken sie es immer noch nicht und belasten wissenslos das eine oder andere System mehr oder weniger wegen Parteiproporz. Eben Parteikultur. Die Arroganz der Verhandlungsteilnehmer, mit der sie auf Fragen von Reportern nach Ergebnissen auf das spannende in solchen Verhandlungen hinweisen zeigt, dass auch Politiker wie Herr Solms und andere zwar vom Geschenk des Blitzlichtermeers zehren können, aber von Systemproblemen keine Ahnung haben.